Die Informationsflut im Internet führt dazu, dass Organisationen um die Aufmerksamkeit der Konsumenten konkurrieren müssen. Viele Inhalte, die sich online finden lassen, werden dabei über Werbeanzeigen von Dritten monetarisiert, sodass Klicks als die neue Währung des Internets angesehen werden können. Immer mehr Organisationen und Individuen setzen auf Clickbait, um dadurch die eigenen Klickzahlen zu erhöhen. Konsumenten werden bewusst manipuliert, indem ihre Neugier geweckt wird und sie verleitet werden, auf weiterführende Links zu klicken. Obwohl viel Menschen Clickbait als etwas Negatives wahrnehmen und dies klar kommunizieren, ist die Verwendung in der Praxis weit verbreitet. Es stellt sich somit die Frage, ob es notwendig ist, dass Organisationen die Neugier der Verbraucher ausnutzen. Im Rahmen dieses Posts soll betrachtet werden, wo Clickbait auftritt, warum es so effektiv ist und welche Probleme sich daraus für die Konsumenten ergeben könnten.
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Während Offline-Medien auf eine eher statische Nutzergruppe setzen können, gibt es bei der Informationssuche im Internet nur wenig Nutzer-Loyalität. Content Creator sehen sich mit einem kontinuierlichen Wettbewerb konfrontiert und müssen um die (begrenzte) Aufmerksamkeit der Konsumenten konkurrieren. Um Aufmerksamkeit zu generieren, wird häufig Clickbait eingesetzt. Dabei werden Informationen bewusst so dargestellt, dass sie offensichtliche Fragen unbeantwortet lassen, um die Neugier der Adressaten zu wecken und diese dazu zu bringen, dass sie auf die entsprechenden Links klicken.¹ Um dieses Phänomen besser zu verstehen, lohnt es sich, einen Blick auf einen psychologischen Ansatz zu werfen, der die menschliche Reaktion auf Clickbait erklären könnte. George Loewenstein (1994) hat in seiner vielzitierten Arbeit eine neu Perspektive vorgestellt, die die menschliche Neugier aus einem anderen Blickwinkel betrachtet. Seine Theorie beruht im Wesentlichen auf der Überzeugung, dass Neugier dann auftritt, wenn Individuen die Diskrepanz zwischen ihrem tatsächlichen Wissensstand und ihrem gewünschten Wissensstand überwinden wollen. Dies impliziert gleichzeitig, dass die alleinige Erkenntnis, dass bestimmtes Wissen nicht vorhanden ist, nicht ausreichend ist, um Neugier zu entwickeln. Stattdessen muss dem fehlenden Wissen ein Wert zugewiesen werden, indem der höhere Wissensstand einen Wunschzustand darstellt, damit Menschen neugierig werden. Neugier kann somit als der explizite Wunsch, eine bekannte Informationslücke zu schließen, verstanden werden. Sie wird in der Regel intrinsisch motiviert, da der individuelle Nutzen aus dem Schließen der Lücke resultiert und nicht aus dem neugewonnenen Wissen bzw. der Anwendung dieses Wissens. Zudem ist es wichtig, zu berücksichtigen, dass Neugier sowohl freiwillig als auch durch externe Einflüsse und somit unfreiwillig erzeugt werden kann.²
Clickbait lässt sich in diesem Verständnis der unfreiwillig erzeugten Neugier zuordnen. Organisationen und Individuen verwenden Clickbait als strategische Maßnahme, um mehr Traffic auf die eigenen Inhalte zu erhalten. Am häufigsten lässt sich dieses Phänomen in den sozialen Netzwerken beobachten, aber auch im klassischen Journalismus tritt es immer wieder auf. Die höchste Wirksamkeit besitzt Clickbait online, da hier datengestützt gearbeitet werden kann und die Ersteller ihre Inhalte in Echtzeit anpassen und dadurch den Wirkungsgrad optimieren können.³ Chen et al. (2015) haben in ihrer Arbeit darauf hingewiesen, dass Clickbait in der Lage ist, Konsumenten in die Irre zu führen und die Verbreitung von „Fake News“ begünstigt. Auch wenn sie insbesondere die Boulevardisierung der Nachrichten betrachten und auf die Gefahr hinweisen, die von der Vermischung von kommerziellen und redaktionellen Interessen ausgehen könnte, ist davon auszugehen, dass sich ihre Erkenntnisse auch auf andere Bereiche übertragen lassen. Die trügerische Absicht des Clickbaits ist unabhängig von der Branche, in der es auftritt, als problematisch anzusehen. Das Übertreiben, die Sensationalisierung oder das willentliche Verbreiten fälschlicher Informationen, um den eigenen Profit zu erhöhen schadet den Konsumenten und der Gesellschaft.⁴
Auch wenn die Kritik an Clickbait berechtigt ist, sollte bei der Betrachtung angemessen differenziert werden. Nur weil ein Content Creator Clickbait nutzt, kann nicht direkt unterstellt werden, dass Konsumenten dadurch in die Irre geführt werden sollen. Das bewusste Zurückhalten von Informationen, das dazu führt, dass Nutzer neugierig werden, ist nur dann problematisch, wenn die verknüpften Inhalte nicht in der Lage sind, die erzeugten Erwartungen zu erfüllen. Der ständige Konkurrenzkampf um die Aufmerksamkeit der Kunden könnte zudem dazu führen, dass auch Organisationen und Individuen, die andernfalls kein Clickbait nutzen würden, sich gezwungen sehen, auf derartige Maßnahmen zurückzugreifen. Andernfalls droht ihnen unter Umständen der Verlust von Marktanteilen oder sie limitieren den eigenen Erfolg bei der Akquise von neuen Nutzern. Wenn Clickbait von Organisationen eingesetzt wird, um hohe Erwartungen zu kreieren und die Neugier der Menschen zu gewinnen, sollte dies als valides Mittel angesehen werden, solange die Organisationen in der Lage sind, die Erwartungshaltung auch tatsächlich zu erfüllen. Im unternehmerischen Kontext existiert Clickbait häufig in einer Form, die ein Gefühl von Dringlichkeit vermittelt, sodass Individuen zum impulsiven Handeln aufgefordert werden. Als geeignete Beispiele für diese Herangehensweise in der Praxis könnten stark limitierte Angebote oder kurzfristige Rabatte dienen.
Organisationen und Individuen, die Clickbait verantwortungsbewusst einsetzen, sollten sich dennoch bewusst sein, dass sie sich dadurch auch potentiellen Gefahren aussetzen. Wenn Konsumenten sich der Tatsache bewusst sind, dass sie manipuliert wurden, um zu einer bestimmten Entscheidung zu gelangen, ist davon auszugehen, dass dies mit Ablehnung quittiert wird. Dies ist insbesondere dann wahrscheinlich, wenn die getroffene Entscheidung mit negativen Konsequenzen verbunden ist. Unzufriedene Kunden stellen für Organisationen eine Gefahr dar, da sie die Reputation der Organisation beschädigen und somit auch den Markenwert senken können. Bevor entsprechende Maßnahmen implementiert werden, sollten Organisationen somit gründlich abwägen, ob es notwendig ist, dieses Risiko einzugehen. Viele Organisationen können sich bereits aufgrund der Qualität der Leistungen, die sie anbieten, von ihrer Konkurrenz abheben, sodass riskante Strategien im Rahmen der Kommunikation mit den relevanten Stakeholdergruppen unter Umständen gar nicht notwendig sind.
Auch wenn viele Menschen sich negativ bezüglich Clickbait äußern, muss an dieser Stelle eine Sache betont werden: es funktioniert. Um die Aufmerksamkeit der Konsumenten zu erhalten, setzen viele Organisationen auf Inhalte, die Neugier erzeugen sollen und die Nutzer dazu verleiten, auf weiterführende Links zu klicken. Im Kampf um Aufrufe und Aufmerksamkeit ist Clickbait ein erfolgsversprechendes Mittel, dass insbesondere in sozialen Netzwerken eingesetzt wird. Solange die Nutzer dabei nicht in die Irre geführt werden und die Erwartungshaltung, die erzeugt wird, von den Organisationen tatsächlich erfüllt werden kann, spricht wenig gegen die Verwendung. Dennoch sollten die potentiellen Gefahren für die eigene Reputation und den Markenwert berücksichtigt werden, bevor eine Entscheidung über den Einsatz entsprechender Aktivitäten getroffen wird. Solange Clickbait von einzelnen Akteuren missbraucht wird, um Konsumenten willentlich zu täuschen, besteht immer die Gefahr, dass die negative Wahrnehmung auch auf verantwortungsvolle Organisationen abfärbt.
¹ Chakraborty, A., Paranjape, B., Kakarla, S., & Ganguly, N. (2016, August). Stop clickbait: Detecting and preventing clickbaits in online news media. In 2016 IEEE/ACM international conference on advances in social networks analysis and mining (ASONAM), 9-16.
https://doi.org/10.1109/ASONAM.2016.7752207.
² Loewenstein, G. (1994). The psychology of curiosity: A review and reinterpretation. Psychological bulletin, 116(1), 75-98.
https://doi.org/10.1037/0033-2909.116.1.75.
³ Potthast, M., Köpsel, S., Stein, B., & Hagen, M. (2016, March). Clickbait detection. In European Conference on Information Retrieval, 810-817.
https://doi.org/10.1007/978-3-319-30671-1_72.
⁴ Chen, Y., Conroy, N. J., & Rubin, V. L. (2015, November). Misleading online content: recognizing clickbait as “false news”. In Proceedings of the 2015 ACM on workshop on multimodal deception detection, pp. 15-19.
https://doi.org/10.1145/2823465.2823467.