Unsere Gesellschaft beruht zu einem großen Teil auf gegenseitigen Wahrnehmungen. Überall wo die Wahrnehmung durch andere relevant ist, besteht ein Anreiz, diese zu beeinflussen. Es erscheint also logisch, dass eine derartige Beeinflussung in unserem Alltag omnipräsent ist. Insbesondere Unternehmen aber auch andere Organisationen geben große Summen aus, um sich selbst oder ihre Produkte und Dienstleistungen gegenüber der Öffentlichkeit zu vermarkten. Zudem haben die Digitalisierung und der technische Wandel in den letzten Jahren nicht nur die Art und Weise verändert, wie Menschen privat kommunizieren, sondern auch wie Organisationen es mit ihren Stakeholdern tun. Die kontinuierlich steigende Anzahl an Unternehmen, die miteinander um Marktanteile konkurrieren, geht außerdem mit einem immer höheren Volumen an Marketing einher. Organisationen sind auf Sichtbarkeit angewiesen, mit der Konsequenz, dass Individuen nicht länger in der Lage sind, sich der Informationsüberflutung zu entziehen. Der Begriff des Marketings ist heutzutage zum Teil recht negativ behaftet, wobei fraglich ist, inwieweit die üblichen Vorurteile begründet sind. Dieser Post soll dabei helfen, den Begriff besser zu verstehen und richtig zu verwenden sowie Erklärungsansätze liefern, woraus die negative Wahrnehmung resultieren könnte.
Disclaimer
Alle Inhalte und Aussagen innerhalb der Blog Posts sind nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert und wenn möglich wertfrei dargestellt. Sofern Quellen verwendet werden, sind diese angegeben. Trotzdem weisen wir explizit darauf hin, dass die Inhalte nicht als Fakten verstanden werden sollen, sondern lediglich als Anregung und Denkanstoß für die eigene Recherche der Leserinnen und Leser dienen. Wir übernehmen keinerlei Gewähr für die Richtigkeit und/oder Vollständigkeit der dargestellten Inhalte.
Zunächst ist hier zu betonen, dass Marketing und Werbung nicht als Synonym verwendet werden können. Marketing bzw. Marketing-Management geht weit über das hinaus, was wir als Werbung verstehen. Die American Marketing Association (AMA) grenzt die beiden Begriffe beispielsweise wie folgt ab:
“The main difference between these two business practices is that advertising is a part of marketing. A successful marketing strategy typically dedicates resources to advertising at multiple levels, placing corporate marketing communications in various types of media.”¹
Folgt man diesem Verständnis, ist Werbung nur ein Teil der vollumfänglichen Kommunikationsstruktur von Organisationen, die im Rahmen eines Marketingkonzepts festgelegt wird. Der Begriff des Marketing-Managements, der insbesondere durch Philip Kotler geprägt wurde, geht noch einen Schritt weiter, indem er die verschiedensten Aktivitäten berücksichtigt, die zur Erreichung der vordefinierten Ziele beitragen. Kotler und Keller (2015) verstehen Marketing-Management wie folgt:
“[…] we see marketing management as the art and science of choosing target markets and getting, keeping, and growing customers through creating, delivering, and communicating superior customer value.”²
Demnach kann das Marketing-Management als breite und unterstützende Aktivität verstanden werden, die Auswirkungen auf alle Bereiche innerhalb von Organisationen hat. Das Marketing-Management ist somit in die gesamte Prozessstruktur von der Produktentwicklung bis hin zur Kontrolle und Anpassung eingebunden. Das übergeordnete Ziel aller Marketing-Aktivitäten ist die Schaffung einer konsistenten Organisationsidentität, die sich in allen Handlungen widerspiegelt, unabhängig davon, ob diese durch Externe wahrgenommen werden können oder nicht. Erfolgreiches Marketing ist immer generös und zielt darauf ab, die Situation aller Beteiligten zu verbessern.
Die zentrale Existenzberichtigung für Organisationen jeglicher Art ist, dass sie im Rahmen ihrer Tätigkeiten Probleme lösen, sodass sich die Situation für die gesamte Gesellschaft direkt oder indirekt verbessert. Um dies zu erreichen, müssen sie nicht nur in der Lage sein, derartige Problemstellungen zu identifizieren, sondern auch ihre potentiellen Kunden und sich selbst kennen und verstehen. Dabei ist das Marketing bzw. Marketing-Management ein wichtiges Werkzeug und eine geeignete Marketingstrategie ist Voraussetzung dafür, dass eine erfolgreiche Kommunikation seitens der Organisation stattfinden kann. Intern bedeutet dies, dass alle Mitwirkenden das Organisationsziel kennen und verstehen sowie in der Lage sind, ihr Handeln daran auszurichten. Dies führt zu steigender Effektivität und fördert effiziente Strukturen, da Missverständnisse abgebaut werden können und der Koordinationsaufwand reduziert wird. Zudem führt das konsistente Selbstverständnis der Organisationsmitglieder dazu, dass dies auch nach außen kommuniziert werden kann. Der Abbau von Diskrepanzen hinsichtlich der Selbstwahrnehmung und der Fremdwahrnehmung macht es möglich, dass Menschen sich mit der Organisation identifizieren können und Unternehmen eine langfristige Bindung zu loyalen Kunden aufbauen können. Unglücklicherweise nutzen diverse Organisationen die Kraft dieses Werkzeugs aber immer häufiger zur Verwirklichung ihrer Eigeninteressen durch bewusste Manipulation und nehmen wissentlich in Kauf, dass sie damit den Konsumenten und somit auch der Bevölkerung schaden. Wird es jedoch verantwortungsbewusst eingesetzt, hilft der Informationstransfer Menschen dabei, bessere Entscheidungen zu treffen oder sich mit bereits getroffenen Entscheidungen besser zu fühlen.
Neben der Entscheidungsunterstützung ist für die Organisationen im Rahmen ihrer unternehmerischen Tätigkeit wichtig, dass sie wahrgenommen werden, da sie nur so am Markt bestehen können. Die eigene Präsentation erzeugt Sichtbarkeit, die in Verbindung mit generösen Produkten oder Dienstleistungen dazu führt, dass Unternehmen Marktanteile gewinnen. Wenn jedoch Monopole oder starke Oligopole entstehen, geht dies immer mit hoher Marktmacht der einzelnen Unternehmen einher. Die fehlende Konkurrenz kann zu einer Form von Willkür führen, da die Unternehmen ihren Marktanteil sicher haben und nahezu frei über Preise oder auch die Entwicklungsrichtung einer ganzen Branche entscheiden können. Dies soll nicht implizieren, dass eine derartige Situation immer negative Konsequenzen mit sich bringen muss (z.B. First Mover Advantage in neuen Geschäftsfeldern), jedoch ist dies häufig der Fall, insbesondere wenn eine gewisse Abhängigkeit von den speziellen Produkten oder Dienstleistungen existiert. Für Konsumenten ist es dann nicht möglich, zu einem Substitut wechseln, das von einem konkurrierenden Unternehmen angeboten wird. Wenn jedoch ein gesunder Wettbewerb um Marktanteile zwischen mehreren Unternehmen vorliegt, limitiert dies Stagnation und resultiert in der Regel in einem Innovationsdrang, damit die jeweiligen Akteure wettbewerbsfähig bleiben können. Konsumenten profitieren häufig von derartigen Konkurrenzkämpfen und neue Innovationen bringen die gesamte Gesellschaft nach vorn.
Nachdem in den vorangegangenen Abschnitten zwar erläutert wurde, warum Marketing für Organisationen wichtig ist und wie die Gesellschaft von Marketing-Aktivitäten profitieren kann, bleibt immer noch die Frage offen, warum der Begriff in der Gesellschaft häufig so negativ geprägt ist. Ein möglicher Erklärungsansatz könnten die Situationen darstellen, in denen wir mit Werbung und anderen Marketing-Aktivitäten konfrontiert werden, da sich die Akzeptanz häufig nach dem Grad der Verbindlichkeit richtet. Wenn wir beispielsweise durch Anzeigen daran gehindert werden, ein Video auf YouTube anzuschauen, ist die Ablehnung gegenüber dieser Form von Marketing häufig stärker, als wenn wir nur ein Plakat am Straßenrand sehen. Wenn man davon abgehalten wird, das zu tun, was man eigentlich tun möchte, kann dies schnell als ungewollter Eingriff in die eigene Entscheidungsgewalt verstanden werden und in starker Ablehnung oder auch einer negativen Wahrnehmung gegenüber dem Werbenden resultieren. Zusätzlich ist es durchaus vorstellbar, dass gar nicht das schiere Werbevolumen und die damit verbundene Reizüberflutung als störend wahrgenommen wird, sondern dass das Problem in der Art und Weise liegt, wie Marketing in der Praxis genutzt wird. Wenn Organisationen durch Werbekampagnen oder andere Marketing-Aktivitäten die Adressaten bewusst manipulieren, um sie zu einer Entscheidung zu bewegen, werden häufig unrealistische Erwartungshaltungen geschaffen, die dann jedoch nicht erfüllt werden. Derartige Enttäuschungen führen zu Unzufriedenheit und teilweise gehen Individuen zukünftig davon aus, dass auch bei anderen Marketingkampagnen die kreierten Erwartungen nicht erfüllt werden können. Dieser allgemeine Verlust an Glaubwürdigkeit unterminiert die Marketing-Anstrengungen jeglicher Organisationen, unabhängig davon, ob derartige Befürchtungen begründet sind oder nicht.
Wer Marketing und Werbung als Synonym verwendet, vernachlässigt einen Großteil von dem, was Marketing eigentlich ist. Es stellt als vollumfängliche und unterstützende Aktivität einen der wichtigsten Bereiche in nahezu jeder Organisation dar und ist die Grundlage für eine effektive Kommunikation mit allen Beteiligten. Durch den zum Teil unverantwortlichen Einsatz ist die negative Wahrnehmung des Begriffs zwar berechtigt, jedoch sollte das Fehlverhalten einzelner nicht zu einer Generalverurteilung führen. Gutes und erfolgreiches Marketing ist in der Lage einen Kulturwandel auszulösen, von dem die gesamte Gesellschaft profitieren kann. Anwender müssen sich dabei jedoch immer ihrer Verantwortung bewusst sein und sollten manipulative Methoden nur dann verwenden, wenn sie dabei das Wohl der Gesellschaft im Blick haben.
¹ American Marketing Association. N.d. “Marketing vs. Advertising”. AMA. Accessed January 16, 2021. https://www.ama.org/pages/marketing-vs-advertising/.
² Kotler, Philip and Kevin Lane Keller. 2015. Marketing Management, Global Edition. Pearson Education, Limited. ProQuest Ebook Central.
https://ebookcentral.proquest.com/lib/wuww/detail.action?docID=5833619.