Menschen erhalten in allen Bereichen des alltäglichen Lebens, die einem kontinuierlichen Entwicklungs- bzw. Verbesserungsprozess unterliegen, in irgendeiner Form Feedback bezüglich ihres eigenen Verhaltens oder ihrer spezifischen Handlungen. Die Reaktion auf Feedback – insbesondere auf kritisches Feedback – variiert jedoch in Abhängigkeit der betroffenen Person und Situation. Viele Menschen tun sich zudem schwer damit, den Personen in ihrem Umfeld konstruktives Feedback zu geben und oft ist unklar, welche Implikationen derartiges Feedback mit sich bringen soll. Es stellt sich somit die Frage, wann Feedback als etwas Positives wahrgenommen wird und wie Menschen von der Anwendung von adäquatem Feedback profitieren können. Im Rahmen dieses Posts soll betrachtet werden, warum Feedback häufig Ablehnung erfährt und wie es aufgebaut sein sollte, damit es sich positiv auf den (nachhaltigen) Lernprozess auswirken kann.
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Vorweg ist zu betonen, dass keine allgemeingültige Vorlage existiert, wie Feedback eingesetzt werden sollte, da immer situative und persönliche Einflüsse berücksichtigt werden müssen. Dennoch bedarf es an dieser Stelle zumindest einer Definition des Begriffs Feedback. Hattie & Timperley (2007) verwenden in ihrer einflussreichen Arbeit ein konzeptuelles Verständnis von Feedback als
“information provided by an agent (e.g., teacher, peer, book, parent, self, experience) regarding aspects of one´s performance or understanding.”¹
Auffällig ist dabei, dass in diesem Verständnis Feedback nicht durch eine Person erfolgen muss, sondern auch durch verschiedene Medien oder sogar die eigenen Erfahrungen erfolgen kann. Es ist zudem schwierig Feedback als etwas Isoliertes zu betrachten, da der zielgerichtete Ansatz des Feedback-Gebers häufig zu einem anweisenden Charakter führt. Das übergeordnete Ziel ist es dabei jedoch, die Lücke zwischen dem aktuellen Kenntnisstand des Feedback-Empfängers und dem gewünschten Verständnis zu verringern bzw. zu schließen. Dies lässt sich auch auf den Zielerreichungsprozess übertragen, da geeignetes Feedback dabei hilft, besser zu verstehen, an welchem Punkt in diesem Prozess man sich gerade befindet. Die Hilfestellung erfolgt dabei sowohl über positives (bestätigendes) Feedback als auch über negatives (korrigierendes) Feedback.² In Bezug auf die derartige Unterstützung bei der Zielerreichung aber auch beim Erwerb von neuem Wissen oder von Fähigkeiten lassen sich im Wesentlichen zwei unterschiedliche Formen von Feedback unterscheiden. Feedback kann entweder einen weisenden bzw. leitenden Charakter aufweisen, indem es explizite Handlungsempfehlungen beinhaltet oder eher den allgemeinen Lernprozess unterstützen, indem es sich an allgemeinen und vielfältig einsetzbaren Faktoren orientiert. Außerdem lässt sich Feedback durch verschiedene Attribute wie beispielsweise den Zeitfaktor oder die Spezifität unterscheiden. Anmerkungen können entweder sofort oder zeitlich verzögert erfolgen und dahingehend variieren, wie handlungs- oder situationsspezifisch sie gestaltet werden. Dabei ist zu beachten, dass es hier kein richtig oder falsch gibt, da die korrekte Anwendung immer situationsabhängig ist. Damit Feedback effektiv sein kann, müssen drei zentrale Faktoren berücksichtigt werden: das Feedback wird vom Empfänger tatsächlich benötigt, der Empfänger hat die Möglichkeit das Feedback im Rahmen der eigenen Handlung zu berücksichtigen sowie das Vorliegen der Bereitschaft des Empfängers, das Feedback zu erhalten und anzuwenden.³
Wie bereits angesprochen muss Feedback nicht zwangsläufig positive Konsequenzen mit sich bringen. In der Praxis ist tatsächlich häufig das Gegenteil der Fall. Eine zentrale Ursache dafür ist die unterschiedliche Perspektive der Beteiligten – dem Geber und dem Empfänger – da deren Wahrnehmung immer an den eigenen Standpunkt geknüpft ist. Während der Empfänger häufig der Selbstüberschätzung unterliegt, ist die Wahrnehmung seitens des Gebers eher dadurch verzerrt, dass situative Einflüsse häufig vernachlässigt werden und stattdessen nur die Person betrachtet wird. Dies führt häufig dazu, dass die Person und nicht das spezifische Verhalten der Person in einer bestimmten Situation kritisiert wird. Die dadurch erzeugte Emotionalität der Thematik führt schnell zu defensivem Verhalten des Feedback-Empfängers, der damit versucht, sich selbst zu schützen.⁴ Um diese Problematik zu vermeiden, sollte Feedback immer bestimmte Anforderungen erfüllen, die im Folgenden genauer betrachtet werden.
Zunächst ist an dieser Stelle zu betonen, dass konstruktives Feedback immer darauf abzielt, die Situation für alle Beteiligten zu verbessern sowie Fortschritt und Entwicklung zu fördern. Wenn allen Beteiligten dieser Grundgedanke bewusst ist und (kritisches) Feedback respektvoll kommuniziert wird, sollte es keinen Grund für den Empfänger geben, defensiv reagieren zu müssen. Entscheidend ist es dabei, dass einer Kritik immer das situationsbezogene Verhalten oder bestimmte Verhaltensmuster zugrunde liegen und nicht direkt die Person angegriffen wird. Auch wenn sich die Wahrnehmung des Feedback-Gebers von der des Feedback-Empfängers möglicherweise unterscheidet, können diese Diskrepanzen hinsichtlich der subjektiven Wahrnehmung wahrscheinlich durch eine effektive Kommunikation ausgeräumt werden. Unter Umständen können sogar beide Parteien in einer solchen Situation aus dem Feedbackprozess lernen. Wenn eine Person der Meinung ist, dass konstruktives Feedback notwendig ist, um die gegenwärtige Situation zu verändern, könnte es sinnvoll sein, zunächst zu begründen, warum die aktuelle Situation nicht tragbar ist und warum es einer Veränderung bedarf. Der bewusste Versuch der Beteiligten, die Situation objektiv zu beurteilen, ist möglicherweise schon ausreichend, um die Akzeptanz für konstruktives Feedback zu erhöhen. Es ist jedoch wohl kaum ausreichend, lediglich eine grundlegende Akzeptanz zu schaffen. Um eine Veränderung zu erzielen, ist es notwendig, dass der Empfänger das Feedback annehmen und in Bezug auf das eigene Verhalten anwenden kann. Somit erscheint es logisch, dass Feedback häufig so spezifisch bzw. handlungsorientiert sein sollte, dass sich daraus konkrete Implikationen für den Empfänger ableiten lassen. Dies könnte insbesondere dann relevant sein, wenn sich das Feedback auf explizite Inhalte oder Handlungen bezieht. Wenn es jedoch das Ziel ist, die Selbstbestimmung und die Autonomie des Empfängers zu fördern, ist es auch denkbar, dass Feedback eher allgemein formuliert sein sollte.
Adäquates Feedback spielt eine wichtige Rolle im Lernprozess, sofern die vermittelten Inhalte für den Empfänger tatsächlich umsetzbar sind. In der Beziehung zwischen dem Feedback-Geber und dem Feedback-Empfänger ist es häufig so, dass der Geber insoweit qualifiziert ist, dass der Empfänger mittels des Feedbacks von der Kompetenz des Gebers profitieren kann und sich dies positiv auf die eigene Entwicklung auswirkt. Konstruktives Feedback sollte somit nicht als Kritik an der eigenen Person verstanden werden, sondern vielmehr als Hilfestellung für den eigenen Lern- und Entwicklungsprozess. Wenn eine Person die Absicht hat, sich in einem bestimmten Bereich oder in Bezug auf bestimmte Fähigkeiten weiterzuentwickeln, könnte es somit ein valider Ansatz sein, das eigene Verhalten zu evaluieren und nach Feedback von Personen zu streben, die in der Lage sind, das eigene Verhalten in Bezug auf ein klar definiertes Ziel zu bewerten und geeignete Handlungsempfehlungen auszusprechen.
Feedback ist ein wichtiger Bestandteil des individuellen Lernprozesses und kann die persönliche und berufliche Entwicklung fördern. Wichtig ist es, dabei zu berücksichtigen, dass Feedback jedoch auch negative Konsequenzen mit sich bringen kann, insbesondere wenn im Rahmen der Kritik nicht das Verhalten, sondern direkt die Person im Fokus steht. Um defensive Reaktionen der Feedback-Empfänger zu vermeiden, sollte das Feedback immer konstruktiv und zielgerichtet sein und die Kommunikation respektvoll sowie – wenn möglich – objektiv erfolgen. Zudem sollte immer berücksichtigt werden, dass es keine Vorlage für perfektes Feedback gibt, da immer situative und persönliche Einflüsse berücksichtigt werden müssen und sich die Ansätze je nach Zielsetzung unterscheiden können. Angemessenes Feedback, das umsetzbare Handlungsempfehlungen bzw. Verbesserungsvorschläge beinhaltet, ist für jeden erstrebenswert, der die Absicht hat, sich weiterzubilden und weiterzuentwickeln.
¹ Hattie, J., & Timperley, H. (2007). The power of feedback. Review of educational research. 77(1), page 81.
https://doi.org/10.3102/003465430298487.
² Hattie, J., & Timperley, H. (2007). The power of feedback. Review of educational research. 77(1), 81-112.
https://doi.org/10.3102/003465430298487.
³ Shute, V. J. (2008). Focus on formative feedback. Review of educational research. 78(1), 153-189.
https://doi.org/10.3102/0034654307313795.
⁴ Cannon, M. D., & Witherspoon, R. (2005). Actionable feedback: Unlocking the power of learning and performance improvement. Academy of Management Perspectives. 19(2), 120-134.
https://doi.org/10.5465/ame.2005.16965107.