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Kann ein gutes Ergebnis eine schlechte Entscheidung rechtfertigen?

Veröffentlicht am: Nov 22, 2021

Das Treffen von Entscheidungen ist ein wichtiger Bestandteil unseres Lebens und die gute Nachricht ist, dass die Entscheidungsfindung eine Fähigkeit ist, die erlernt und verbessert werden kann. In der Regel ist jede Entscheidung mit einem gewissen Maß an Unsicherheit verbunden, sodass im Vorfeld nicht garantiert werden kann, dass die Entscheidung auch zu einem klar definierten Ergebnis führt. Eine gute Entscheidung kann somit auch zu einem schlechten Ergebnis führen und vice versa. Wenn Individuen ihre eigenen oder die Entscheidungen anderer bewerten sollen, berücksichtigen sie dabei häufig das aus der Entscheidung resultierende Ergebnis und es stellt sich somit die Frage, ob ein gutes Ergebnis in der Lage ist, eine schlechte Entscheidung zu rechtfertigen. Im Rahmen dieses Posts soll betrachtet werden, warum schlechte Ergebnisse häufig zu einer (ungerechtfertigten) Verhaltensänderung führen, welche Faktoren Einfluss auf die Fähigkeit, gute Entscheidungen zu treffen, nehmen und warum Entscheidungen in der Regel nicht anhand des Ergebnisses beurteilt werden sollten. 

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Da der genaue Ausgang einer Entscheidung meistens ungewiss ist, bilden Individuen diverse Erwartungen hinsichtlich der möglichen Ausgänge, um auf diesem Wege mit der Unsicherheit einer Entscheidung umzugehen. Wenn die gebildeten Erwartungen nicht erfüllt werden, führt dies jedoch häufig zu negativen Emotionen. Wenn Individuen ihre Entscheidungen im Nachhinein beurteilen, sind sie entweder enttäuscht oder bereuen die Entscheidung, die sie getroffen haben. Während Enttäuschung meist aus externen Einflüssen resultiert, entsteht Reue dann, wenn die unerfüllte Erwartungshaltung mit der eigenen Entscheidung begründet wird. Die mit einem Ergebnis verknüpften negativen Emotionen können sich auf verschiedene Arten auf das (zukünftige) Verhalten der Betroffenen auswirken. Einerseits führen sie immer wieder dazu, dass Individuen (wichtige) Entscheidungen – bewusst oder unbewusst – hinauszögern oder sogar gänzlich vermeiden. Andererseits kann Enttäuschung auch zu einer höheren Anstrengung führen. Wenn erkennbar ist, dass man selbstständig zum erwarteten Ergebnis hätte kommen können und nicht externe Einflüsse der Grund für das ungewollte Ergebnis waren, kann Enttäuschung einen motivierenden Charakter aufweisen.¹ Auch die besten Entscheidungen können zu unbeabsichtigten Ergebnissen führen. Insbesondere wenn Entscheidungen repetitiv sind, können sie aber auch Auswirkungen für das Verhalten mit sich bringen. Die gleiche Entscheidung treffen Individuen am ehesten dann, wenn diese in der Vergangenheit zum gewünschten Ergebnis geführt hat. Ist dies nicht der Fall und der Entscheidungsträger muss erneut eine vergleichbare Entscheidung treffen, wird das Verhalten häufig angepasst – unabhängig davon, ob die zuerst gewählte Alternative besser war. Das Gefühl der Reue ist in vielen Bereichen durchaus hilfreich, da Individuen auf diese Weise aus ihren Fehlern lernen können. Im Kontext der Entscheidungsfindung kann sich das Bereuen einer Entscheidung jedoch problematisch gestalten. Führt eine gute Entscheidung zu einem schlechten Ergebnis, wird die Entscheidung in zukünftigen Szenarien möglicherweise vermieden und es wird eine schlechtere Entscheidung getroffen. Wenn auch diese zu einem ungewünschten Ergebnis führt, kann es passieren, dass die Entscheidungsträger sich in einer Negativspirale wiederfinden, da sich die gewählten Alternativen sukzessive verschlechtern.²

Ein guter Entscheidungsprozess allein ist noch keine Garantie für gute Ergebnisse. Zudem ist es schwer zu beurteilen, ob ein Ergebnis gut oder schlecht ist, da die Interpretation häufig subjektiv und somit variabel ist. Auch wenn die gute Entscheidungsfindung eine lernbare Fähigkeit ist, weisen nicht alle Menschen eine vergleichbare Entscheidungskompetenz auf. Parker, Bruine de Bruin & Fischhoff (2015) verdeutlichen in ihrer Arbeit, dass der sozio-ökonomische Status einen Einfluss auf die individuellen Entscheidungsergebnisse hat. Insbesondere arme sowie junge Menschen sind dabei benachteiligt. Während bei finanziell schlechter gestellten Individuen vor allem die Umstände einen negativen Einfluss auf die Entscheidungsergebnisse nehmen können, ist es bei jungen Menschen vor allem die mangelnde Erfahrung aufgrund ihres Alters.³ Es sollte jedoch immer zwischen der Entscheidung und dem Ergebnis differenziert werden. Die Bewertung einer Entscheidung anhand des Ergebnisses stellt lediglich eine Heuristik dar, die nur in Ausnahmefällen sinnvoll ist. Dennoch lässt sich genau dies in der Praxis häufig beobachten. Insbesondere bei schlechten Entscheidungen versuchen Individuen ihr Verhalten durch das Ergebnis zu rechtfertigen. Wenn das Entscheidungsergebnis bekannt ist, verändert sich die Wahrnehmung der Informationen, die zum Zeitpunkt der Entscheidung tatsächlich zur Verfügung standen und Entscheidungen werden falsch evaluiert. Diesem Phänomen, das als „Outcome Bias“ bezeichnet wird, fallen viele Individuen zum Opfer.⁴

Einem Entscheidungsträger und einem Betrachter stehen nicht zwangsläufig die gleichen Informationen zur Verfügung. Es ist daher kaum verwunderlich, dass die Perspektive einen wesentlichen Einfluss bei der Bewertung einer Entscheidung aufweist. Bei der Betrachtung von Entscheidungen sollte es vermieden werden, dem Ergebnis ein zu hohes Gewicht beizumessen, da externe Faktoren dazu führen können, dass das gewünschte Ergebnis nicht eintritt, auch wenn es am wahrscheinlichsten ist. Wenn ein unerwünschtes Ergebnis erzielt wird, muss dies somit nicht an der handelnden Person liegen. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass nicht nur das Ergebnis, sondern auch der zugrundeliegende Entscheidungsprozess betrachtet wird. Eine gute Entscheidungsfindung ist lernbar und Individuen sind in der Lage ihre Entscheidungskompetenz stetig zu verbessern. Wenn negative Emotionen, die aus einer fehlerhaften Beurteilung der Situation resultieren, dazu führen, dass Entscheidungen vermieden werden, kann dies den Lernprozess möglicherweise unterminieren. Sowohl Individuen, die ihre eigene Entscheidungsfindung verbessern wollen, als auch diejenigen, die andere dabei unterstützen wollen, bessere Entscheidungen zu treffen, sollten sich den Unterschied zwischen einem guten Ergebnis und einer guten Entscheidung vor Augen führen. Die Tatsache, dass der Ausgang von Entscheidungen in den meisten Fällen nicht garantiert werden kann, führt dazu, dass immer eine Abweichung von der wahrscheinlichsten Möglichkeit vorliegen kann. Eine Verbesserung der Entscheidungskompetenz erscheint nur dann möglich, wenn der Entscheidungsprozess unabhängig vom erzielten Ergebnis betrachtet wird. Jemand, der versucht, eine schlechte Entscheidung mit einem guten Ergebnis zu rechtfertigen, wird höchstwahrscheinlich auch in Zukunft schlechte Entscheidungen treffen und irgendwann – eher früher als später – wird dies garantiert zu einem schlechten Ergebnis führen. Umgekehrt sollte sich niemand von einem schlechten Ergebnis direkt entmutigen lassen, sondern stattdessen analysieren, ob tatsächlich die eigene Entscheidung der ausschlaggebende Grund für den Misserfolg war. Es ist davon auszugehen, dass Individuen, die den Fokus auf die Entscheidungsprozess und nicht auf das Ergebnis legen, ihre Entscheidungskompetenz verbessern und davon langfristig profitieren werden.

Ein sichtbares und messbares Ergebnis zu bewerten, ist immer einfacher als die Beurteilung des zugrundeliegenden Entscheidungsprozesses. Dennoch sollten Entscheidungsträger und Betrachter den Mehraufwand in Kauf nehmen, um aufschlussreiche Erkenntnisse zu gewinnen. In der Praxis gibt es deutlich zu viele Szenarien, in denen lediglich ein Ergebnis beurteilt wird. Mit diesem Verhalten schadet man sich selbst und/oder anderen Entscheidungsträgern. Um die eigene Entscheidungskompetenz langfristig zu verbessern, sollten Entscheidungen anhand der Informationen, die zum Zeitpunkt der Entscheidung verfügbar waren, bewertet werden. Rückblickend kann dies jedoch schwerfallen, da im Nachhinein häufig versucht wird, eine Entscheidung mit dem erzielten Ergebnis zu rechtfertigen. In einzelnen Situationen kann eine schlechte Entscheidung zwar zu einem guten Ergebnis führen, dies über einen längeren Zeitraum aufrechtzuerhalten, ist jedoch nahezu ausgeschlossen.

¹ Zeelenberg, M., Van Dijk, W. W., Manstead, A. S., & vanr de Pligt, J. (2000). On bad decisions and disconfirmed expectancies: The psychology of regret and disappointment. Cognition & Emotion, 14(4), 521-541.
https://doi.org/10.1080/026999300402781.

² Ratner, R. K., & Herbst, K. C. (2005). When good decisions have bad outcomes: The impact of affect on switching behavior. Organizational Behavior and Human Decision Processes, 96(1), 23-37.
https://doi.org/10.1016/j.obhdp.2004.09.003.

³ Parker, A. M., Bruine de Bruin, W., & Fischhoff, B. (2015). Negative decision outcomes are more common among people with lower decision-making competence: an item-level analysis of the Decision Outcome Inventory (DOI). Frontiers in psychology, Vol. 6, Article 363.
https://doi.org/10.3389/fpsyg.2015.00363.

⁴ Baron, J., & Hershey, J. C. (1988). Outcome bias in decision evaluation. Journal of personality and social psychology, 54(4), 569-579.
https://doi.org/10.1037//0022-3514.54.4.569.

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