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Ist es notwendig, dass wir Bargeld als Zahlungsoption beibehalten?

Published on: Mai 10, 2021

In den letzten Monaten ist die Verwendung von kontaktlosen und bargeldlosen Zahlungen sprunghaft gestiegen. Dieser Trend wird nicht nur dadurch verstärkt, dass Konsumenten mittlerweile in nahezu allen Geschäften bargeldlos zahlen können, sondern auch durch die kontinuierlich steigenden Verkaufszahlen im Online-Handel. Zudem setzen immer mehr (junge) Menschen auf Neo-Banken und deren voll digitalisierte Bankprodukte, die häufig mit einer einfachen Benutzung und attraktiven Kostenstrukturen überzeugen. Es stellt sich somit die Frage, ob es tatsächlich notwendig ist, Bargeld als eine Zahlungsmethode zu behalten oder ob es nicht effizienter wäre, den kompletten Zahlungsverkehr zu digitalisieren. Im Rahmen dieses Posts soll betrachtet werden, welche Vorteile physisches Bargeld mit sich bringt und ob diese Vorteile ausreichend sind, um die zukünftige Verwendung von Bargeld zu rechtfertigen.

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Bargeldzahlungen sind finale Transaktionen, bei denen klar zuzuordnen ist, welche beteiligte Partei zu welchem Zeitpunkt über das Geld verfügt. Diese Finalität erleichtert es auch, Budgets zu setzen und einzuhalten, da Individuen nur Geld ausgeben können, das sie tatsächlich besitzen. Ein weiterer viel diskutierter Vorteil des physischen Bargelds ist die Anonymität der Transaktion, da in der Regel keine persönlichen Informationen des Zahlenden festgehalten werden. Dies kann sowohl als ein Vorteil als auch als ein Nachteil von Bargeld angesehen werden. Häufig wird argumentiert, dass derartige anonyme Zahlungen insbesondere kriminelle Verwendungszwecke begünstigen. Dabei geht es jedoch nicht nur um die tatsächlichen Transaktionen oder die Lagerung von illegal erworbenem Vermögen. Vielmehr ermöglicht die mangelnde Dokumentation auch Schwarzarbeit und erleichtert Straftaten wie beispielsweise Steuerhinterziehung. Ob die Existenz von Bargeld jedoch tatsächlich dazu führt, dass eine höhere Kriminalitätsrate vorliegt, ist empirisch zweifelhaft. Die viel gehörte Aussage, dass Bargeld als offline Zahlungsmethode unabhängig von Mittelsmännern ist, ist jedoch nur bedingt korrekt. Auch wenn im Rahmen der tatsächlichen Transaktion keine Bankleistungen erforderlich sind, bedarf es trotzdem einer gewissen Infrastruktur, um Bargeld am Bankautomaten oder in der Bankfiliale abzuheben. Zudem ist das individuelle Vermögen zumeist bei Banken hinterlegt, da kaum eine Person ihr gesamtes Privatvermögen als physisches Bargeld hält. Bargeld hat nicht nur Auswirkungen auf die Zahlungen von Individuen, sondern beeinflusst auch die Effektivität von finanzpolitischen Aktivitäten. Bargeld, das außerhalb des Bankensystems gehalten wird, kann kaum durch die Finanzpolitik beeinflusst werden. Auch die aktuellen Negativzinsen haben keine direkten Auswirkungen auf das individuelle Bargeldvermögen, da physisches Bargeld keinerlei Zinsen unterliegt – weder positiv noch negativ.¹

Die Abschaffung des Bargelds kann nicht von einem Tag auf den anderen erfolgen. Vielmehr bedarf es einer umfangreichen Infrastruktur, um die sichere Nutzung von bargeldlosen Zahlungsmethoden zu ermöglichen. Der Schutz der persönlichen Informationen und anderer Daten ist die höchste Priorität, um das Vertrauen in digitale Zahlungen aufrechtzuhalten. Auf der einen Seite müssen Institutionen die Möglichkeit haben, sicherzustellen, dass die Zahlungen auch tatsächlich von der entsprechenden Person angewiesen bzw. ausgeführt werden, auf der anderen Seite, müssen sie gewährleisten, dass die Daten nicht in die Hände von Unberechtigten fallen. Damit dies möglich ist, bedarf es umfangreicher Investitionen in die entsprechenden Technologien, um diese kontinuierlich weiterzuentwickeln und angemessene Sicherheitsstandards zu gewährleisten. Derartige Investitionen betreffen nicht nur die direkten Schnittstellen, sondern auch die allgemeine Infrastruktur. Ein reibungsloser Ablauf ist nur dann möglich, wenn keine signifikanten Ausfälle auftreten. Dies kann beispielsweise die Internetverbindung betreffen, aber auch das Stromnetz oder die einzelnen Geräte der jeweiligen Endverbraucher.² Der Übergang zu einer bargeldlosen Gesellschaft ist somit mit signifikanten Kosten verbunden. Dabei darf jedoch nicht vergessen werden, dass auch bei der Nutzung von Bargeld hohe Kosten anfallen. Neben den offensichtlichen Kosten, die im Zuge der Produktion und Lagerung des Bargelds anfallen, ist auch der Transport mit signifikanten Kosten verbunden, da es einem erhöhten Schutz bedarf. Ein Kostenfaktor, der in der öffentlichen Debatte häufig vergessen wird, sind die Opportunitätskosten, die mit der Verwendung von Bargeld verbunden sind. Das Abheben von Geld am Geldautomaten oder in einer Bankfiliale ist genauso wie die tatsächliche Zahlung mit einem Zeitaufwand verbunden, der im Zuge der Quantifizierung der Kosten berücksichtigt werden muss. Zuletzt ist zu berücksichtigen, dass Bargeld in der Regel nicht zum Zeitpunkt der Zahlung abgehoben wird, sondern bereits im Vorfeld, sodass hier möglicherweise Zinserträge verloren gehen.³

Die Abschaffung des physischen Bargelds ist wahrscheinlich schwieriger, als es auf den ersten Blick erscheint, da eine Abschaffung global erfolgen müsste, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Wenn einzelne souveräne Staaten oder aber auch Währungsgemeinschaften wie die EU die Verwendung von Bargeld stoppen, wäre zu erwarten, dass diejenigen, die beispielsweise aufgrund krimineller Aktivitäten Bargeld präferieren, einfach auf andere Fiat-Währungen ausweichen würden. Es erscheint fraglich, ob Bargeld in diesem Kontext überhaupt noch eine signifikante Bedeutung hat, oder ob nicht der Großteil derartiger Transaktionen schon über Kryptowährungen abgewickelt wird. Neben der Anonymität und fehlenden Dokumentation ist es auch schwieriger Vermögen in Form von Kryptowährungen zu stehlen, als dies beim Bargeld der Fall ist. Zudem entfällt der hohe Aufwand bei der Lagerung von großen Summen. Der Sicherheitsaspekt bzw. höhere Schutz vor Diebstählen ist auch für Individuen relevant, die größere Transaktionen tätigen.

Sollte es dazu kommen, dass physisches Bargeld als Zahlungsmittel nicht länger unterstützt wird, lässt sich dies wahrscheinlich eher auf die fehlende Nutzung innerhalb der Gesellschaft als auf ein Verbot durch Gesetzgeber zurückführen. Die Überflüssigkeit der Existenz von Bargeld würde somit dazu führen, dass dies als Zahlungsmethode abgeschafft wird. Aktuell erscheint es jedoch wenig realistisch, dass diese Situation in naher Zukunft eintreten wird. Insbesondere in instabilen Wirtschaftslagen präferieren viele Menschen noch immer Bargeld, das sie als verhältnismäßig sicher einschätzen. In Wirtschaftskrisen sieht man immer wieder Bilder von langen Schlangen vor Geldautomaten und Banken, da die Menschen noch ihre Bargeldbestände erhöhen wollen, um das eigene Gefühl der finanziellen Sicherheit zu erhöhen. Diese Beobachtung kann auch als eine Art Misstrauensvotum für das Bankensystem aufgefasst werden. Kryptowährungen und physische Edelmetalle wie Gold und Silber sind nicht wirklich geeignet, um kleinere Käufe zu tätigen, die die Bedürfnisse des Alltags decken sollen, sodass Bargeld hier noch immer die bevorzugte Alternative ist.

Ein Bereich des täglichen Lebens aus dem die Verwendung von Bargeld als Zahlungsmittel schon fast vollständig verschwunden ist, sind geschäftliche Transaktionen. Jede Person, die ihm Rahmen einer geschäftlichen Tätigkeit in irgendeiner Form mit Buchhaltung in Kontakt gekommen ist, wird sich über die Möglichkeit digitaler Transaktionen glücklich schätzen, da diese den Aufwand signifikant verringern und zudem einen besseren Überblick sowie eine bessere Dokumentation ermöglichen. Es bleibt abzuwarten, ob diese Entwicklung sich auch auf den Alltag von Konsumenten übertragen wird.

Es ist durchaus denkbar, dass Bargeld als Zahlungsmethode in der Zukunft nicht mehr existieren wird, da Alternativen wie beispielsweise Kryptowährungen oder digitale Währungen vergleichbare Vorteile aufweisen. Gleichzeitig lässt sich sagen, dass kaum nennenswerte Gründe existieren, warum Staaten oder Zentralbanken aktuell die Verwendung von Bargeld verbieten sollten. Das wahrscheinlichste Szenario scheint somit zu sein, dass die Bedeutung von physischem Bargeld kontinuierlich abnehmen wird und die fehlende Verwendung innerhalb der Gesellschaft schlussendlich dazu führt, dass diese Form der Zahlung nicht länger angeboten wird. Bevor dieser Punkt erreicht werden kann, bedarf es jedoch noch umfangreicher Investitionen in die digitale Infrastruktur sowie Cyber-Security. Wenn ein ausreichender Infrastrukturstandard erreicht und die überwiegende Bevölkerung mit digitalen Zahlungsmethoden vertraut ist, ist es vorstellbar, dass sich von alleine ein Umfeld etabliert, indem Bargeld nicht länger als Zahlungsmittel verwendet wird.

¹ Krueger, M., & Seitz, F. (2016). Pros and cons of cash: the state of the debate. Credit and Capital Markets, 51(1), 15-40.
https://doi.org/10.3790/ccm.51.1.15.

² Kumari, N., & Khanna, J. (2017). Cashless payment: A behaviourial change to economic growth. Qualitative and Quantitative Research Review, 2(2), 82-103.
https://nfct.co.uk/wp-content/uploads/journal/published_paper/volume-2/issue-2/LS0q4m3F.pdf.

³ Krüger, M., & Seitz, F. (2014). Costs and benefits of cash and cashless payment instruments: overview and initial estimates. Study commissioned by the Deutsche Bundesbank. Frankfurt.
https://oth-aw.de/files/oth-aw/Professoren/Seitz/the_usage_costs_and_benefits_of_cash_2014.pdf.

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