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Ist Leidenschaft notwendig, um beruflich erfolgreich zu sein?

Veröffentlicht am: Aug 16, 2021

Bei der Betrachtung von wichtigen Entscheidungen bezüglich der eigenen Karriere ist Leidenschaft das neue magische Wort. Immer mehr Menschen betrachten ihren Job nicht länger als eine reine Einkommensquelle, sondern versuchen, sich in ihrem Beruf zu verwirklichen. Häufig hört man, dass Arbeit, die aus Leidenschaft ausgeübt wird, gar keine Arbeit ist, da sie mit weniger Stress verbunden ist und tendenziell leichter fällt. Aus dieser Perspektive könnte man darauf schließen, dass Menschen, die ihren Beruf leidenschaftlich ausüben, ein höheres Leistungsniveau aufweisen als andere Arbeitskräfte. Es stellt sich somit die Frage, ob Leidenschaft notwendig ist, um ein erfolgreiches Berufsleben zu führen. Im Rahmen dieses Posts soll betrachtet werden, was Leidenschaft ist, wie sich Leidenschaft auf den beruflichen und privaten Alltag auswirkt und welche Konsequenzen für das eigene Leben daraus resultieren.

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Für die meisten Menschen ist Leidenschaft ein vertrauter Begriff, den sie jedoch nicht klar definieren können. Dies liegt mit Sicherheit auch daran, dass Leidenschaft nicht greifbar ist und häufig als ein emotionaler Zustand beschrieben wird. Es ist somit sinnvoll, zunächst eine gängige Definition heranzuziehen. Vallerand et al. (2003) definieren Leidenschaft als

a strong inclination toward an activity that people like, that they find important, and in which they invest time and energy.¹

Eine Aktivität kann somit nur dann leidenschaftlich ausgeführt werden, wenn die handelnde Person der Aktivität einen Wert beimisst und die verfügbaren, eigenen Ressourcen zur Ausführung einsetzt. Die Autoren haben im Rahmen ihrer einflussreichen Arbeit jedoch ein Modell entwickelt, dass zwischen zwei verschiedenen Arten der Leidenschaft unterscheidet: zwanghaft (obsessive) und harmonisch (harmonious). Während die Internalisierung einer Aktivität in die eigene Identität bei der harmonischen Leidenschaft autonom erfolgt, findet sie bei der zwanghaften Leidenschaft kontrolliert statt. Externe Faktoren können Druck erzeugen, der dazu führt, dass bestimmte Aktivitäten aufgrund der damit verbundenen Folgen internalisiert werden. In diesem Fall kontrollieren Individuen ihre Leidenschaft nicht länger, sondern lassen sich von ihr kontrollieren.² Dieses dualistische Modell ist in den vergangenen Jahren von einer Vielzahl an Autoren herangezogen worden und bildet die Grundlage für Forschungsstudien in den verschiedensten Fachrichtungen.

Bevor die Implikationen berücksichtigt werden, die sich aus den zwei Arten der Leidenschaft ergeben, soll zunächst betrachtet werden, wie sich Leidenschaft auf das Arbeitsleben auswirkt. Folgt man der oben genannten Definition, gehen Individuen, die ihre Arbeit in die eigene Identität integriert haben, ihrer Arbeit mit Leidenschaft nach. Im Allgemeinen führt das leidenschaftliche Arbeiten zu einem höheren Leistungsoutput, da das Stresslevel niedriger ist und es den handelnden Personen leichter fällt, sich auf die Arbeit zu konzentrieren bzw. sie weniger anfällig für Ablenkungen und Ausreden sind. Dabei sollte jedoch berücksichtigt werden, dass Leidenschaft sich nicht zwangsläufig im Verhalten oder der Leistung widerspiegeln muss. Dennoch ist es auch aus Perspektive der Arbeitgeber sinnvoll, die Leidenschaft der Mitarbeiter zu fördern und ihnen Inspirationen zu bieten. In der Praxis gestaltet sich dies jedoch schwierig, da externe Personen nur schwer Einfluss auf die Leidenschaft von Individuen nehmen können, da diese in der Regel von innen kommt. Immer mehr Menschen suchen im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit aber nach Aktivitäten, die sie genießen können und denen sie eine Bedeutung zuweisen. Ein Ansatz für Unternehmen wäre es somit, in ein Umfeld zu investieren, dass diese Faktoren begünstigt.³

Leidenschaft ist im Arbeitsumfeld jedoch nur dann sinnvoll, wenn sie mit einem ökonomischen Nutzen für die Gesellschaft verbunden ist. Andernfalls sind die entsprechenden Aktivitäten eher ein Hobby als ein Beruf. Leidenschaft im Rahmen der Arbeit bleibt daher für viele Menschen ein Luxus, den sie für unrealistisch erachten. Zusätzlich ist zu betonen, dass insbesondere die zwanghafte Leidenschaft auch negative Konsequenzen mit sich bringt. Um erfolgreich zu sein, sollte Leidenschaft mit einer rationalen Denkweise gepaart werden. Insbesondere die Fähigkeit des kritischen Denkens ist eine zentrale Voraussetzung für harmonische Leidenschaft. Während harmonische Leidenschaft als signifikanter Bestandteil von beruflichem Erfolg und Arbeitszufriedenheit angesehen werden kann, hat zwanghafte Leidenschaft das Potential, die eigenen Karriere zu zerstören. Wenn Individuen von ihrer eigenen Arbeit konsumiert werden, kann dies zu Konflikten zwischen der Arbeit und anderen Aktivitäten führen. Wenn die zwanghafte Leidenschaft ein so hohes Ausmaß erreicht, dass außerberufliche Aktivitäten und zwischenmenschliche Beziehungen vernachlässigt werden, wirkt sich dies mittelfristig negativ auf das Wohlbefinden aus. Harmonische Leidenschaft erlaubt es jedoch, dass eine klare Grenze zwischen Arbeit und Privatleben gezogen werden kann, sodass diese Konflikte nicht zustande kommen. Während die harmonische Leidenschaft sich somit positiv auswirkt, indem sie den Flow begünstigt und einen positiven Affekt gegenüber einer Tätigkeit erzeugt, kann zwanghafte Leidenschaft das Burnout-Risiko erhöhen und sich sowohl auf das private als auch auf das berufliche Leben auswirken.

Fast alle Menschen haben eine Leidenschaft. Das Problem dabei ist jedoch häufig der fehlende ökonomische Nutzen, sodass die Aktivitäten, die mit Leidenschaft ausgeführt werden, ein Hobby darstellen. In den letzten Jahren sind jedoch auch viele neue Möglichkeiten entstanden, wie Individuen ihr Hobby zum Beruf machen können. Ein Beispiel dafür sind verschiedene YouTube Kanäle und andere Social Media Plattformen. Individuen oder kleinere Personengruppen professionalisieren ihr Hobby und verknüpfen es mit Komponenten aus dem Entertainmentsegment, sodass hier ein ökonomischer Wert kreiert wird und die eigene Leidenschaft genutzt werden kann, um den Lebensunterhalt zu verdienen. Dieser Weg ist jedoch nicht für jeden eine Option und es wäre auch gar nicht möglich, dass jeder Mensch auf diese Art seinen Lebensunterhalt verdient. Problematisch erscheint eher das Umfeld, in dem wir uns aktuell bewegen, da uns ständig vorgehalten wird, dass wir unsere Leidenschaft monetarisieren müssten. Dies kann einen gewissen Druck erzeugen, der sich negativ auf unser Leben und unsere Entscheidungen auswirken könnte. Auch wenn viele Menschen von sich behaupten, dass sie ihren Beruf leidenschaftlich ausüben, ist davon auszugehen, dass diese Menschen einzelne Bestandteile ihrer beruflichen Tätigkeit eher gezwungenermaßen ausführen. Unter Berücksichtigung dieses Aspekts sollten Individuen sich nicht entmutigen lassen, wenn sie mit einzelnen Facetten ihres Arbeitslebens unzufrieden sind.

Heutzutage ist es normal geworden, dass Menschen ihren Arbeitsplatz kontinuierlich wechseln, statt ihr gesamtes Arbeitsleben bei einer Organisation zu verbringen. Unabhängig davon, was man von dieser Entwicklung hält, ergeben sich daraus auch neue Chancen. Dieser Umstand ermöglicht es Individuen viele Tätigkeitsbereiche auszuprobieren, fördert die Neugier und eröffnet in der Regel neue Möglichkeiten. Statt sich früh auf einen Bereich festzulegen, könnten Individuen experimentieren und eine derartige Job-Rotation erhöht potentiell die Wahrscheinlichkeit, einen Beruf zu finden, der Aktivitäten beinhaltet, die mit Leidenschaft ausgeführt werden. Zudem ist davon auszugehen, dass sich die eigene Persönlichkeit im Laufe der Zeit verändert, sodass auch die individuelle Leidenschaft einem Wandlungsprozess unterliegen könnte. Verändert sich die Identität einer Person, verändern sich wahrscheinlich auch die Aktivitäten, die in die bisherige Identität integriert waren. Insgesamt kann die harmonische Leidenschaft im Arbeitsleben zwar als treibende Kraft verstanden werden, die zwanghafte Leidenschaft könnte jedoch eine Gefahr für die eigenen Karriere darstellen. Sofern Individuen nicht ihr individuelles Wohlbefinden und ihre sozialen Kontakte gefährden wollen, sollten der Fokus auf die Leidenschaft in Grenzen bleiben. Andernfalls übertreffen die Nachteile unter Umständen die mit der Leidenschaft geschaffenen Vorteile.

Bei der Beantwortung der Frage, ob individuelle Leidenschaft notwendig ist, um beruflich erfolgreich zu sein, muss zunächst zwischen harmonischer und zwanghafter Leidenschaft unterschieden werden. Es ist unbestritten, dass uns Aktivitäten, die mit Leidenschaft ausgeführt werden, leichter fallen als andere. Die Leidenschaft sollte dabei jedoch kontrollierbar bleiben, sodass berufliche und private Aspekte voneinander getrennt werden können. Ist dies der Fall, kann Leidenschaft eine Energiequelle darstellen, die die eigene Karriere positiv beeinflusst. Wenn die Leidenschaft jedoch die Kontrolle über die Person und ihr Handeln übernimmt, resultieren daraus unweigerlich Konflikte, die das individuelle Wohlbefinden beeinträchtigen. Bei wichtigen Karriereentscheidungen ist es zielführend, wenn die eigene Leidenschaft berücksichtigt wird, solange die entscheidende Person sich der Gefahr der zwanghaften Leidenschaft bewusst ist.

¹ Vallerand, R. J., Blanchard, C., Mageau, G. A., Koestner, R., Ratelle, C., Léonard, M., Gangné, M. & Marsolais, J. (2003). Les passions de l’ame: on obsessive and harmonious passion. Journal of personality and social psychology, 85(4), Page 757.
https://doi.org/10.1037/0022-3514.85.4.756.

² Vallerand, R. J., Blanchard, C., Mageau, G. A., Koestner, R., Ratelle, C., Léonard, M., Gangné, M. & Marsolais, J. (2003). Les passions de l’ame: on obsessive and harmonious passion. Journal of personality and social psychology, 85(4), 756-767.
https://doi.org/10.1037/0022-3514.85.4.756.

³ Pollack, J. M., Ho, V. T., O’Boyle, E. H., & Kirkman, B. L. (2020). Passion at work: A meta‐analysis of individual work outcomes. Journal of Organizational Behavior, 41(4), 311-331.
https://doi.org/10.1002/job.2434.

⁴ Bushardt, S. C., Young, M., & Beal, B. D. (2018). Understanding Work Passion: An Important Element for Career Success and Improved Quality of Life. Journal of Organizational Psychology, 18(2), 23-29.
http://digitalcommons.www.na-businesspress.com/JOP/JOP18-2/BushardtSC_18_2.pdf.

⁵ Vallerand, R. J., Paquet, Y., Philippe, F. L., & Charest, J. (2010). On the role of passion for work in burnout: A process model. Journal of personality, 78(1), 289-312.
https://doi.org/10.1111/j.1467-6494.2009.00616.x.

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