Im Zeitalter der sozialen Medien sind Marketer nur noch eingeschränkt in der Lage, die öffentliche Wahrnehmung von Organisationen zu steuern. Stattdessen haben Konsumenten die Möglichkeit, sich untereinander direkt auszutauschen und können ein unverzerrtes Meinungsbild kreieren, dass auf den eigenen Erfahrungen basiert. Die eigene Meinung wirkt sich dabei nicht nur auf ein enges Umfeld aus, sondern kann im Internet potentiell jeden erreichen und beeinflussen. Vermehrt kreieren Individuen Inhalte, die sie beispielsweise über soziale Netzwerke mit der Öffentlichkeit teilen. Das Spektrum derartiger Inhalte ist zwar sehr weitreichend, aus Marketingperspektive sind jedoch insbesondere markenbezogene Inhalte relevant. Es stellt sich somit die Frage welche Auswirkungen nutzergenerierte Inhalte auf die Wahrnehmung von Organisationen und Marken haben. Im Rahmen dieses Posts soll betrachtet werden, wodurch sich nutzergenerierte Inhalte auszeichnen, warum Organisationen sie im Rahmen eigener Werbeaktivitäten berücksichtigen sollten und ob die Inhaltserstellung von Organisationen gesteuert werden kann.
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Das öffentliche Bild einer Marke wird gleichermaßen durch den strukturierten Informationsfluss seitens der Organisation und die individuellen Meinungen der Konsumenten geprägt. Nutzergenerierte Inhalte (engl. user-generated content, UGC) finden sich insbesondere in sozialen Netzwerken und sind in der Lage, die öffentliche Wahrnehmung einer Marke signifikant zu beeinflussen. Die Ersteller derartiger Inhalte sind divers, sodass sich keine allgemeine Aussage bezüglich der Eigenschaften, die einen Inhaltsersteller auszeichnen, treffen lässt. Statt persönlicher Eigenschaften sind es Kontextfaktoren, die entscheidend dafür sind, dass Individuen Inhalte kreieren. So ist bereits die Tatsache, dass die Erstellung und Veröffentlichung von Inhalten in den letzten Jahren sprunghaft einfacher geworden ist, ausreichend, um zu erklären, warum so viele Menschen (online) Inhalte veröffentlichen. Individuen können mittels der Inhaltserstellung ein Teil der Wertschöpfungskette einer spezifischen Marke werden. Das Gefühl von Zugehörigkeit zu einer positiv wahrgenommenen Marke ist für viele ein starker Anreiz und um die stärksten Marken bildet sich in der Regel eine Community, die wiederum den Markenwert erhöht. Organisationen, die eine Steigerung des Markenwerts anstreben, sollten daher Raum für Interkation mit und zwischen Konsumenten schaffen, um diese Dynamik zu fördern. Wichtig ist dabei jedoch, dass Organisationen die nutzergenerierten Inhalte stets überwachen, da sie nur so in der Lage sind, die allgemeine Stimmung in der Öffentlichkeit wahrzunehmen und gegebenenfalls dagegen zu steuern.¹ Unter den richtigen Voraussetzungen können Organisationen UGC auch für die eigenen Werbezwecke verwenden und auf authentische Nutzererfahrungen zurückgreifen. Nutzergenerierte Inhalte lassen sich zumindest teilweise mit elektronischer Mundpropaganda (engl. electronic word-of-mouth, eWOM) vergleichen, da auch hier nicht ein professioneller Anwender, sondern ein unabhängiger Konsument von den eigenen Erfahrungen berichtet. Individuen vertrauen eher anderen Konsumenten als einer Organisation und die Ersteller von UGC erzielen immer wieder den Status eines Meinungsführers, sodass sie die Kaufabsichten anderer Konsumenten signifikant beeinflussen können. Dieser Einfluss kann sowohl positiv als auch negativ für die Wahrnehmung einer Marke oder Organisation sein.²
UGC kann als Ausdrucksform verstanden werden, die die Kommunikation mit verschiedenen Stakeholdern beabsichtigt. Die Inhalte sind jedoch plattformabhängig und variieren zum Teil stark. Smith et al. (2012) haben am Beispiel von YouTube, Facebook und Twitter untersucht, welchen Einfluss die Plattform auf die Art der Inhalte, die von den Nutzern publiziert wird, hat und kommen zu dem Ergebnis, dass diese sich hinsichtlich ihres Aufbaus und der Motive für die Veröffentlichung voneinander abgrenzen. Bei markenbezogenen Inhalten ist beispielsweise die Selbstdarstellung der veröffentlichenden Person ein wichtiger Faktor. Unabhängig von der Plattform bietet UGC die Möglichkeit der gemeinsamen Mitgestaltung von Inhalten zwischen Marketern und Nutzern, die insbesondere dann von Organisationen zielorientiert eingesetzt werden kann, wenn diese eine proaktive Marketingstrategie in den sozialen Medien verfolgen.³ Es ist unbestritten, dass UGC eine positive Ergänzung des eigenen Markenauftritts in den sozialen Netzwerken sein kann, aber es stellt sich noch immer die Frage, was Individuen dazu motiviert, entsprechende Inhalte zu erstellen und zu veröffentlichen. Der Informationsmarkt wandelt sich immer stärker zu einem nutzerzentrierten Modell, sodass die medialen Inhalte – insbesondere online – nicht länger von Publishern, sondern von unabhängigen Individuen geprägt werden. Die Nutzer kreieren sich ein individuelles Umfeld, aus dem sie ihre Informationen beziehen und interagieren mit den anderen Nutzern innerhalb dieses Umfelds. Der Konsum von UGC führt häufig dazu, dass die Konsumenten dieser Inhalte auch selbst zu Produzenten werden. Eine Beobachtung dieser Dynamik sind Inhalte, die dadurch viral gehen, dass sie schnell Nachahmer finden und neue Trends kreieren. Die soziale Komponente von UGC sollte nicht vernachlässigt werden, da viele Ersteller mit ihren Inhalten eine Grundlage für das Zusammenkommen von verschiedenen Individuen mit vergleichbaren Interessen kreieren und das dabei entstehende Gefühl von Zugehörigkeit und Gemeinschaft für viele Menschen ein starker Motivator ist.⁴
Beziehungen zwischen Menschen sind einfacher zu knüpfen und zu pflegen als solche zwischen Menschen und abstrakten Konstrukten wie Organisationen oder Marken. Es ist daher nicht verwunderlich, dass Individuen eher anderen Konsumenten vertrauen als der Werbung von Organisationen. Dieser Vertrauensvorschuss kann durch die effektive Einbindung von markenbezogenem UGC aber auch von einer Organisation genutzt werden. Es ist davon auszugehen, dass die Einbindung nutzergenerierter Inhalte in die eigenen Marketingaktivitäten kostengünstiger als die eigene Produktion von Werbematerial ist. Dies dürfte auch dann noch der Fall sein, wenn eine Organisation in eine adäquate Infrastruktur zur Sammlung, Überprüfung und Einbindung der Inhalte investiert. An dieser Stelle scheint es zudem angebracht, darauf hinzuweisen, dass mit UGC nicht Werbepartnerschaften – z.B. in Form von Produktplatzierungen – gemeint sind, sondern eigenständige Inhalte in denen bestimmte Produkte, Dienstleistungen oder Marken lediglich genannt werden. Aus Sicht einer Organisation kann es dennoch sinnvoll sein, Anreize zur Erstellung von UGC zu bieten, wenn diese Inhalte im Anschluss auch zu eigenen Werbezwecken verwendet werden können.
Der wahrscheinlich häufigste Kritikpunkt an UGC in Bezug auf explizite Marketingaktivitäten dürfte sein, dass Organisationen keine oder nur wenig Kontrolle über die Inhalte haben. Diese Aussage ist inhaltlich auch korrekt, sollte jedoch nicht dazu führen, dass UGC als Bestandteil des Marketings ignoriert wird. Wie bereits beschrieben sind Marketer nicht in der Lage, die öffentliche Wahrnehmung vollumfänglich zu steuern. UGC stellt somit eine Ergänzung der formellen Informationskanäle einer Organisation dar und ist für viele Konsumenten eine wichtige Informationsquelle, die das individuelle Kaufverhalten beeinflussen kann. Da entsprechende Inhalte – unabhängig davon, ob sie erwünscht sind oder nicht – immer existieren werden, erscheint es sinnvoll, dass Organisationen in eine effektive Einbindung dieser Inhalte investieren. So ist es denkbar, dass Individuen, die von einer Marke begeistert sind, ihre positiven Erfahrungen mit ihrem Umfeld und der Öffentlichkeit teilen wollen und die entsprechende Organisation profitiert davon, wenn sie einen Rahmen kreiert, der diesen Austausch fördert. Es ist zudem davon auszugehen, dass die Inhalte, die ein Nutzer aus eigener Überzeugung erstellt und mit seinem Netzwerk teilt, authentischer und wirksamer sein werden als professionell erstelltes Werbematerial. Ein Aspekt, der an dieser Stelle unter Umständen auch erwähnenswert ist, hat mit der negativen Grundeinstellung vieler Menschen gegenüber Werbung zu tun: Werbung wird häufig als etwas Negatives wahrgenommen, da die Platzierung der Werbung häufig so erfolgt, dass Individuen bei ihrer eigentlich beabsichtigten Tätigkeit gestört werden. Nutzergenerierte Inhalte werden eher freiwillig konsumiert und nicht aufgezwungen, sodass diese negative Grundeinstellung ggf. umgangen werden kann. Auch wenn davon auszugehen ist, dass immer auch negative Meinungen in einer Diskussion veröffentlicht werden, stellt UGC wohl eher eine Chance als ein Risiko für die eigenen Marketinganstrengungen dar.
Markenbezogener UGC unterscheidet sich von explizitem Werbematerial dadurch, dass die Inhalte nicht von professionellen Anwendern, sondern von unabhängigen Nutzern erstellt und veröffentlicht werden. In Zeiten von sozialen Netzwerken ist es Marketern nicht länger möglich, eine klar definierte Agenda zu verfolgen. Stattdessen formiert sich die öffentliche Meinung zu Marken und Organisationen durch viele einzelne Meinungsführer. Nie war es so leicht, Inhalte zu erstellen und zu veröffentlichen sowie seine eigene Meinung mit einer großen Anzahl an unbekannten Personen zu teilen. Authentische Kundenerfahrungen sind in der Lage, das Kaufverhalten zu beeinflussen und Organisationen können davon profitieren, indem sie nutzergenerierte Inhalte in ihre eigene Marketingstrategie einbinden. Damit dies erfolgreich sein kann, sollten die Marketingstrategien proaktiv und auf die entsprechende Plattform ausgerichtet sein sowie unterstützende Strukturen existieren, die die Sammlung, Bewertung und Einbindung erleichtern.
¹ Christodoulides, G., Jevons, C., & Bonhomme, J. (2012). Memo to marketers: Quantitative evidence for change: How user-generated content really affects brands. Journal of advertising research, 52(1), 53-64.
https://doi.org/10.2501/JAR-52-1-053-064.
² MacKinnon, K. A. (2012). User generated content vs. advertising: Do consumers trust the word of others over advertisers. The Elon Journal of Undergraduate Research in Communications, 3(1), 14-22.
https://ducttapemarketing.com/wp-content/uploads/2016/09/02mackinnonejspring12.pdf.
³ Smith, A. N., Fischer, E., & Yongjian, C. (2012). How does brand-related user-generated content differ across YouTube, Facebook, and Twitter? Journal of interactive marketing, 26(2), 102-113.
https://doi.org/10.1016/j.intmar.2012.01.002.
⁴ Daugherty, T., Eastin, M. S., & Bright, L. (2008). Exploring consumer motivations for creating user-generated content. Journal of interactive advertising, 8(2), 16-25.
https://doi.org/10.1080/15252019.2008.10722139.