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Was sind die Hauptgründe dafür, dass so viele Menschen zu viel Geld ausgeben?

Veröffentlicht am: Okt 18, 2021

Für viele Menschen ist die eigene finanzielle Lage ein Thema, über das ungern gesprochen wird. Trotzdem existiert für Außenstehende häufig eine Möglichkeit, die finanzielle Situation des Gegenübers zu beurteilen. Die etwaige Sichtbarkeit der finanziellen Umstände kann dazu führen, dass Individuen schlechte Finanz- und Konsumentscheidungen treffen, die sich potentiell negativ auf das eigene Wohlbefinden auswirken. Derartige Auswirkungen können von der Nichterreichung selbstgesetzter Ziele bis hin zur Existenzbedrohung reichen. Insbesondere in wirtschaftlichen Schwächephasen werden die Konsequenzen aus dem unverantwortlichen Umgang mit Geld noch einmal verstärkt. Immer wieder stellt man fest, dass sich Individuen zwar bewusst sind, dass sie ihr verfügbares Kapital verschwenden bzw. schlechte Entscheidungen treffen, sie aber dennoch ihr Verhalten nicht ändern. Es stellt sich somit die Frage, welche Gründe dazu führen, dass die Ausgaben vieler Menschen unverantwortlich hoch sind. Im Rahmen dieses Posts soll betrachtet werden, warum viele Menschen nicht in der Lage sind, einen Überblick über ihre Ausgaben zu behalten, warum gesellschaftliche Erwartungen gefährlich sein können und wie sich das soziale Umfeld auf das eigene Kaufverhalten auswirkt.

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Individuen können meist gut mit einem Budget für ihren Alltag umgehen, tun sich jedoch schwer, außergewöhnliche oder unerwartete Ausgaben zu antizipieren. Häufig sind jedoch genau diese Belastungen der Grund dafür, dass finanzielle Ziele nicht erreicht werden können oder die zugewiesenen Finanzmittel nicht ausreichen. Während Ausgaben des alltäglichen Lebens im Zuge einer ungefähren Budgetplanung berücksichtigt werden, werden unerwartete Ausgaben häufig vernachlässigt. Gleiches lässt sich auch im Falle von Mikro-Transaktionen beobachten, die ebenfalls häufig keine Berücksichtigung finden. Dies resultiert im Wesentlichen daraus, dass die Transaktionen (fälschlicherweise) als irrelevant angesehen werden – im Fall von Mikro-Transaktionen – oder möglicherweise den zeitlichen Rahmen der Budgetplanung sprengen – z.B. bei einmaligen Anschaffungen. Die Summe der außergewöhnlichen Ausgaben kann schnell ein signifikantes Ausmaß erreichen, dass im Rahmen des alltäglichen Konsumverhaltens berücksichtigt werden sollte. Die Tatsache, dass derartige Ausgaben immer wieder unterschätzt werden und Individuen trotz eines vorhandenen Budgets entsprechende Produkte und/oder Dienstleistungen erwerben, kann schnell zu einem Problem werden. Viele Organisationen sind sich zudem bewusst, dass Individuen eher bereit sind, Geld für „besondere Dinge“ auszugeben, sodass sie ihre Marketingaktivitäten explizit darauf auslegen, ihr eigenes Sortiment entsprechend zu vermarkten.¹

Neben Problemen bei der Planung und Einhaltung adäquater Budgets ist auch sozialer Druck eine Ursache für schlechte (Finanz-)Entscheidungen. Das menschliche Verhalten wird unter anderem von sozialen Bedürfnissen gesteuert, die Auswirkungen auf unseren Alltag haben. Sozialer Druck existiert in verschiedensten Bereichen – vom Konsum bis zur Bildung – und führt in der Regel zu schlechteren Ergebnissen. Das Verlangen nach Zugehörigkeit veranlasst Menschen, nach Gruppen zu suchen, deren Mitglieder vergleichbare Einstellungen und Werte besitzen. Wenn verschiedene Gruppen, die grundlegend unterschiedliche Auffassungen besitzen, nebeneinander existieren, kann dies dazu führen, dass Individuen ihr eigenes Verhalten verändern, um Teil einer solchen Gruppe zu werden. Je mehr Menschen sich als Teil einer solchen gesellschaftlichen Gruppe identifizieren, umso stärker werden sich die Auffassungen der Gruppe etablieren. Für eine einzelne Person ist es nahezu unmöglich, gesellschaftliche Standards, die sich auf diesem Weg bilden, neu zu definieren. Wenn Individuen nach Zugehörigkeit streben, bleibt ihnen daher häufig nichts anderes übrig, als sich dem sozialen Druck zu beugen und das eigene Verhalten anzupassen.²

Immer wieder hört man in diesem Kontext, dass das individuelle Verhalten lediglich ein Abbild des eigenen Umfelds ist. Ebert et al. (2021) haben diese Behauptung hinsichtlich ihrer Tragfähigkeit in Bezug auf das Kaufverhalten von Individuen untersucht und haben erkenntnisreiche Beobachtungen erzielt: Individuelle Persönlichkeitseigenschaften sind abhängig von verschiedenen Einflüssen aus dem direkten Umfeld und zusätzlich zu der individuellen Persönlichkeit existiert auch eine regionale Persönlichkeit. Das tatsächliche Kaufverhalten orientiert sich nicht nur an den eigenen Präferenzen, sondern auch an kulturellen Standards. Ausgaben reflektieren somit nicht nur die eigene Persönlichkeit, sondern sind gleichzeitig ein Spiegelbild des sozialen Umfelds, in dem sich eine Person bewegt. Auch wenn die Möglichkeiten, Geld auszugeben, heterogen sind und Individuen unterschiedliche Entscheidungsmöglichkeiten besitzen, stimmen die Ausgaben in der Regel mit der Persönlichkeit und den eigenen Wertvorstellungen überein.³ Konsum dient häufig nicht nur der Deckung eines spezifischen Bedarfs. Vielmehr weisen viele Menschen Konsumgütern – insbesondere Markenprodukten – auch einen symbolischen Wert zu. Haushalte mit begrenzten finanziellen Ressourcen geben beispielsweise einen größeren Teil ihres Einkommens für sichtbare „Luxusgüter“ aus, um möglicherweise von ihrer prekären finanziellen Situation abzulenken. Dies soll die soziale Zugehörigkeit fördern, die vor allem für Kinder von besonderer Bedeutung ist. Der stärkste Einfluss auf Kinder kommt aus dem eigenen Freundeskreis und dem direkten Umfeld. Die Anpassung des eigenen Verhaltens an das soziale Umfeld führt dazu, dass sich Gruppenzwang bereits im Kindesalter manifestiert.⁴

Der verantwortungsvolle Umgang mit Geld ist schwer zu lernen, da es nicht möglich ist, klare Handlungsempfehlungen zu formulieren. Beim Kaufverhalten gibt es kein eindeutiges richtig oder falsch. Kaufentscheidungen können von verschiedenen Personen, die sich in einer vergleichbaren finanziellen Situation befinden, dennoch unterschiedlich beurteilt werden. Lediglich die Tatsache, dass übermäßiger Konsum auf vielen verschiedenen Ebenen schädlich sein kann, erscheint unbestritten. Es ist durchaus denkbar, dass das Problem zu hoher Ausgaben überwiegend daraus resultiert, dass Kaufentscheidungen häufig unüberlegt stattfinden. Statt zu hinterfragen, ob bestimmte Produkte tatsächlich benötigt werden, findet ein Kauf statt, „weil andere Personen das auch machen“. Eine Möglichkeit, dieser Falle zu entgehen, könnte es sein, sich mit einem Umfeld zu umgeben, das bereits einen bewussten Umgang mit Geld pflegt. Dies scheitert jedoch häufig daran, dass viele Menschen die Bequemlichkeit zu sehr schätzen, statt proaktiv zu handeln. Jeder hat die Möglichkeit, sich bezüglich relevanter Themen der Finanzwelt weiterzubilden und muss dafür noch nicht einmal Geld in die Hand nehmen. Auch wenn es manchmal unangenehm ist, auf Dinge zu verzichten, so sollten doch langfristige Ziele im Fokus stehen. Die sofortige Befriedigung des kurzfristigen Konsums steht dem jedoch häufig im Weg. Ein weiterer Aspekt, der unverantwortliches Konsumverhalten begünstigt, ist die Tatsache, dass viele Menschen in der Lage sind, mehr Geld auszugeben, als sie tatsächlich haben. Das Bankensystem, das signifikante Einnahmen durch Zinszahlungen erzielt und die Verbreitung von Kreditkarten bieten die Möglichkeit, kurzfristigen Konsum mit noch nicht verdientem Einkommen zu bezahlen. Derartige Konsumschulden sind mit signifikanten Kosten verbunden, die nicht vernachlässigt werden dürfen und sollten vermieden werden. Konsum, der an die Erreichung von spezifischen Zielen geknüpft ist, dürfte in den meisten Fällen deutlich belohnender sein, als solcher, der durch Gruppenzwang oder anderen Formen des sozialen Drucks motiviert ist.

Zu hohe Ausgaben sind ein viel verbreitetes Problem und häufig liegt dem nicht nur eigenes Unvermögen zugrunde. Auch wenn Individuen sich häufig schwertun, außergewöhnliche oder unerwartete Ausgaben in ihre Budgetplanung zu integrieren, so ist dies nicht allein verantwortlich dafür, dass viele Menschen unverantwortlich mit Geld umgehen. Das individuelle Kaufverhalten wird nicht nur von eigenen Bedürfnissen und Präferenzen gesteuert, sondern auch von sozialen Einflüssen. Gesellschaftliche Standards kreieren sozialen Druck und Erwartungen, die wiederum zu schlechteren Entscheidungen führen. Auch wenn Individuen wohl kaum in der Lage sind, allein neue Standards zu definieren, darf dieser Umstand nicht als Ausrede gelten. Jeder hat zumindest die Möglichkeit, in einem gewissen Maß sein eigenes Umfeld zu wählen und proaktiv zu sein. Andernfalls können Einflüsse wie beispielsweise Gruppenzwang dazu führen, dass finanzielle Ziele unterminiert und die eigene Zukunft ruiniert werden.

¹ Sussman, A. B., & Alter, A. L. (2012). The exception is the rule: Underestimating and overspending on exceptional expenses. Journal of Consumer Research, 39(4), 800-814.
https://doi.org/10.1086/665833.

² Bursztyn, L., & Jensen, R. (2017). Social image and economic behavior in the field: Identifying, understanding, and shaping social pressure. Annual Review of Economics, 9, 131-153.
https://doi.org/10.1146/annurev-economics-063016-103625.

³ Ebert, T., Götz, F. M., Gladstone, J. J., Müller, S. R., & Matz, S. C. (2021). Spending reflects not only who we are but also who we are around: The joint effects of individual and geographic personality on consumption. Journal of Personality and Social Psychology, 121(2), 378–393.
https://doi.org/10.1037/pspp0000344.

⁴ Elliott, R., & Leonard, C. (2004). Peer pressure and poverty: Exploring fashion brands and consumption symbolism among children of the ‘British poor’. Journal of Consumer Behaviour: An International Research Review, 3(4), 347-359.
https://doi.org/10.1002/cb.147.

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