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Warum nutzen Individuen Konsum als Strategie zur Bewältigung?

Veröffentlicht am: Nov 8, 2021

Immer wieder lässt sich beobachten, dass Individuen, die sich in einer negativen Situation oder einem schwierigen Umfeld bewegen, schlechtere Entscheidungen treffen. Die eigene Unzufriedenheit und/oder Unsicherheit führt zudem häufig dazu, dass die Betroffenen versuchen, durch materialistischen Besitz Bestätigung zu erfahren. Dieses Phänomen wird durch die Selbstdarstellungskultur in den sozialen Netzwerken noch weiter verstärkt. Das daraus resultierende Konsumverhalten kann dazu führen, dass langfristige Ziele unterminiert werden. Es stellt sich somit die Frage, warum Individuen ihren langfristigen Erfolg aufs Spiel setzen und (schlechte) Konsumentscheidungen treffen, wenn sie sich in einer negativen Situation befinden. Im Rahmen dieses Posts soll betrachtet werden, warum der individuelle Konsum als Bewältigungsstrategie verwendet wird, wie sich dieses Verhalten auf langfristige Ziele auswirkt und warum die Betroffenen sich häufig in einer Art Negativspirale befinden.

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Zugehörigkeit ist nicht nur ein Wunsch, den viele Menschen in sich tragen, sondern ein grundlegendes Bedürfnis. Soziale Ausgrenzung ist jedoch ein Phänomen, unter dem viele Menschen leiden. Sie führt zum Empfinden von Schmerz und wirkt sich negativ auf das psychologische und physiologische Funktionieren der Betroffenen aus. Während häufig argumentiert wird, dass Konsum Individualität ausdrücken soll und die Abgrenzung zu anderen Individuen ermöglicht, ist für diese Individuen die Zugehörigkeit und der Anschluss an eine Gruppe von Bedeutung. Konsum kann auch als symbolischer Ausdruck verstanden werden über den kommuniziert werden kann. Individuen, die sozial isoliert sind, betrachten ihre Konsumentscheidungen auch als Möglichkeit, sich anderen Menschen verbunden zu fühlen. Sie passen ihr eigenes Verhalten an das Verhalten der Personen, zu denen sich Anschluss suchen, an. Dies führt immer wieder dazu, dass Geld für etwas ausgegeben wird, das man nicht benötigt oder aber auch für Dinge, denen gegenüber man negativ eingestellt ist. In einigen Fällen steigert sich dieses Verhalten so weit, dass es selbstzerstörerische Züge annimmt.¹ Die Erkenntnis, dass einem das eigene Verhalten Schaden zufügt, ist für viele nur schwer zu ertragen. Statt das Verhalten anzupassen, kommt es jedoch immer wieder vor, dass die Betroffenen nach einer Abkürzung bzw. einem einfacheren Weg suchen und sich der Verantwortung entziehen. Sie versuchen, vor sich selbst und ihrer Erkenntnis zu fliehen. Ein Ansatz, den Individuen dabei verfolgen, ist Materialismus, indem sie durch symbolischen Konsum versuchen, eine neue Identität zu kreieren. Materialismus kann als Glaubenssatz verstanden werden, der materialistischen Besitz priorisiert und als erstrebenswertes Lebensziel betrachtet. Individuen, die derartige Ziele verfolgen, leiden häufig unter negativen Emotionen und sehen im (übermäßigen) Konsum eine Möglichkeit, dem daraus resultierenden Schmerz zu entkommen. Empirische Erkenntnisse lassen jedoch darauf schließen, dass Besitz nicht glücklich macht, sondern die Negativität eher noch verstärkt. Dies resultiert daraus, dass die Betroffenen in der Regel ihre langfristigen Ziele vernachlässigen und sich lediglich auf einen kurzfristigen Ausgleich fokussieren.²

Individuen, die sich mit sozialen oder emotionalen Herausforderungen konfrontiert sehen, weisen oft eine geringere Selbstdisziplin auf und greifen auf ungesunde Strategien zur Bewältigung der eigenen Probleme zurück. Unverantwortliche Konsumentscheidungen sind ein spezifisches Beispiel für derartiges Verhalten. Individuen sehen das Ausgeben von Geld immer wieder als Bewältigungsmechanismus für negative Emotionen an. Dabei muss jedoch beachtet werden, dass sich das Geldausgeben zur Bewältigung aus psychologischer Perspektive von impulsivem und zwanghaftem Kaufverhalten unterscheidet, da bei der Bewältigung der Umgang mit den negativen Emotionen im Vordergrund steht. Das zugehörige Verhalten kann sowohl durch Anhaltspunkte aus dem Umfeld ausgelöst werden als auch durch falsche Wirksamkeitsüberzeugungen. Die Realisierung eines Kaufs kann zu einer unmittelbaren Befriedigung und positiven Emotionen führen, die die negativen Gedanken kurzzeitig überdecken können. Langfristig ist jedoch davon auszugehen, dass derartiges Verhalten eher zu weiteren (finanziellen) Problemen und einem höheren Stresslevel führen wird.³

Der Fokus auf materialistischen Wohlstand scheint unser Gesellschaftsbild immer stärker zu prägen. In Zeiten von sozialen Netzwerken hat jeder die Möglichkeit, sich und seinen Besitz einer breiten Masse zu präsentieren. Der Zwang zur Selbstdarstellung ist – zumindest gefühlt – omnipräsent. Die allgegenwärtige Darstellung von Wohlstand und materiellem Besitz verleitet viele Menschen zu der Annahme, dass dies ein erstrebenswerter Standard ist. Wenn dadurch eine Erwartungshaltung erzeugt wird, werden immer mehr Individuen dazu verleitet, materiellen Besitz anzustreben. Gerade Individuen, die nicht in gefestigten sozialen Strukturen leben, laufen dadurch Gefahr, materialistischen Dingen einen zu hohen Wert beizumessen. Das Gefühl, dass soziale Zugehörigkeit auf Basis von Konsum entsteht, zeichnet ein trügerisches Bild und könnte dazu verleiten, schlechte Entscheidungen zu treffen. Es ist davon auszugehen, dass die Isolation in der Pandemie dazu geführt hat, dass noch mehr Menschen von einem Gefühl der Ausgrenzung und mangelnder sozialer Integration geplagt werden. Die Einschränkungen im alltäglichen Leben haben die Möglichkeiten, Erfüllung und Befriedigung zu erfahren, drastisch reduziert. In Zeiten, in denen Online-Handel die neue Norm für das Einkaufen darstellt, ist dies eine wirksame Option, um unmittelbare Befriedigung zu erfahren. Die finanzielle Belastung, die dadurch entstehen kann, wird in Kauf genommen, ohne sich den daraus resultierenden Konsequenzen bewusst zu sein. Es ist unbestritten, dass der Umgang mit negativen Situationen eine Herausforderung darstellt. Dennoch sollten Individuen auch in diesen Situationen ihr Selbstwertgefühl niemals hintenanstellen. Die positiven Emotionen, die durch eine unmittelbare Befriedigung ausgelöst werden können, sollten niemals dazu führen, dass langfristige Ziele kompromittiert werden.

Individuen lassen sich von ihren Emotionen dazu verleiten, schlechtere Entscheidungen zu treffen. Ein Beispiel dafür ist ein ungesundes Konsumverhalten, um negative Erfahrungen und Situationen zu bewältigen. Auch das Verlangen nach sozialer Zugehörigkeit kann Menschen dazu verleiten, einen zu starken Fokus auf Konsum zu legen. Der unbewusste Umgang mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen birgt die Gefahr, dass langfristige Ziele unterminiert werden, um kurzfristige Befriedigung zu erfahren. Positive Emotionen, die aus kurzfristigem Konsum resultieren, verfliegen in der Regel zeitnah wieder und lassen sich nur durch wiederholten Konsum aufrechterhalten. Die Betroffenen laufen somit Gefahr, in eine Negativspirale zu fallen, aus der sie nur schwer wieder herausfinden. Stattdessen sollten Individuen in nachhaltige Bewältigungsstrategien investieren, um auch von negativen Erfahrungen und Herausforderungen, die für jeden unvermeidbar sind, profitieren zu können.

¹ Mead, N. L., Baumeister, R. F., Stillman, T. F., Rawn, C. D., & Vohs, K. D. (2011). Social exclusion causes people to spend and consume strategically in the service of affiliation. Journal of consumer research, 37(5), 902-919.
https://doi.org/10.1086/656667.

² Donnelly, G. E., Ksendzova, M., Howell, R. T., Vohs, K. D., & Baumeister, R. F. (2016). Buying to blunt negative feelings: Materialistic escape from the self. Review of General Psychology, 20(3), 272-316.
https://doi.org/10.1037/gpr0000078.

³ Rice, A., Garrison, Y. L., & Liu, W. M. (2020). Spending as Social and Affective Coping (SSAC): Measure Development and Initial Validation. The Counseling Psychologist, 48(1), 78-105.
https://doi.org/10.1177/0011000019878848.

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