Vom Zeitpunkt, an dem ein spezifisches Ziel gesetzt wird, bis zu dem Zeitpunkt, an dem ein Ziel tatsächlich erreicht wird, ist es noch ein weiter Weg. Immer wieder lässt sich beobachten, dass Individuen die Ziele, die sie verfolgen, nicht oder nur teilweise erreichen, obwohl sie unbestrittenermaßen dazu in der Lage wären. Die Bereitschaft, in die Zielerreichung zu investieren, variiert offensichtlich je nach Person und Situation. Eine mögliche Ursache dafür, dass die notwendigen Anstrengungen nicht unternommen werden, könnte in der Zielbindung liegen. Verschiedene Faktoren nehmen Einfluss darauf, ob sich jemand einem Ziel verpflichtet fühlt oder nicht und es ist davon auszugehen, dass auch die Leistung von diesem Umstand abhängt. Es stellt sich somit die Frage, inwieweit sich die individuelle Zielbindung auf die tatsächliche Leistung auswirkt. Im Rahmen dieses Posts soll betrachtet werden, warum die Zielbindung wichtig für die Zielerreichung ist, wann sich Individuen einem Ziel verpflichtet fühlen und wie sich die Zielbindung in Gruppenszenarien auswirkt.
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Eine hohe Zielverbundenheit geht mit einer höheren Entschlossenheit, die verfolgten Ziele schlussendlich auch zu erreichen, einher. Individuen sind somit bereit, mehr Ressourcen in die Zielerreichung zu investieren. Gleichzeitig sinkt die Bereitschaft, Ziele nachträglich nach unten zu korrigieren oder vollständig aufzugeben. Auch wenn Verbundenheit und Akzeptanz im Kontext der Zielsetzung häufig als Synonym verwendet werden, ist eine Unterscheidung der beiden Begriffe sinnvoll. Akzeptanz für ein Ziel kann als einzelnes Teilstück der Zielverbundenheit angesehen werden, da Individuen sich nur dann einem Ziel verpflichten werden, wenn sie dieses auch akzeptieren. Zielakzeptanz ist somit ein wichtiger erster Schritt, wenn es darum geht, wann sich Menschen einem Ziel verbunden fühlen. Hollenbeck & Klein (1987) argumentieren in ihrer einflussreichen Arbeit, dass zwei wesentliche Faktoren die Stärke der Zielverbundenheit mitbestimmen: die Attraktivität der Zielerreichung sowie die Erwartung, ob ein Ziel erreichbar ist. Beide Faktoren setzen sich sowohl aus situativen als auch aus persönlichen Komponenten zusammen. In Bezug auf die Attraktivität sind dies beispielsweise Belohnungen (situativ) oder ein Leistungsbedürfnis (persönlich). Die eigene Erwartung, ob ein Ziel erreicht werden kann, könnte wiederum beispielsweise durch die Unterstützung von Kollegen oder Vorgesetzen (situativ) oder der Einschätzung der eigenen Fähigkeiten (persönlich) beeinflusst werden.¹
Unabhängig von den genannten Faktoren kann insbesondere bei vorgegebenen Zielen jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass diese immer akzeptiert werden. Eine fehlende Akzeptanz macht es nahezu unmöglich, dass Individuen ein gewisses Maß an Zielbindung entwickeln. In der Praxis ist dies problematisch, da sich eine hohe Zielbindung positiv auf das Leistungsergebnis auswirken kann. Wenn eine Variabilität in der Stärke der Zielbindung möglich ist, wird diese durch externe, interne und interaktive Faktoren moderiert. Eine Übersicht der denkbaren Einflussfaktoren findet sich beispielsweise in der Arbeit von Locke, Latham und Erez (1988).² Bei der Betrachtung von Gruppen scheint vor allem die Beteiligung, die unter die interaktiven Faktoren fällt, von Bedeutung zu sein. Die Zielsetzung in Gruppen ähnelt sich im Prozess zwar der individuellen Zielsetzung, es ist jedoch davon auszugehen, dass sich die Zielsetzung auf Gruppenebene etwas komplexer gestaltet. Dies liegt im Wesentlichen daran, dass sich die Gruppendynamik auch auf den Zielsetzungsprozess auswirkt. Gerade in Gruppen, die sich durch einen starken Zusammenhalt auszeichnen, lässt sich dies beobachten. Entsprechende Gruppen setzen sich in der Regel anspruchsvollere Ziele, fühlen sich aufgrund ihres Umfelds in der Gruppe den Zielen stärker verbunden und realisieren zumeist eine höhere Leistung, als andere Gruppen es tun, die sich nicht durch einen starken Zusammenhalt auszeichnen. Es sollte an dieser Stelle jedoch auch betont werden, dass Ziele nicht zwangsläufig leistungsbezogen sein müssen.³
Wenn Individuen sich eigenständig Ziele setzen, ist davon auszugehen, dass sie in diesem Prozess bereits die Attraktivität und Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung einbeziehen werden. Bei von außen vorgegebenen Zielen hingegen ist aus einer Vielzahl an Gründen denkbar, dass es zu Abweichungen kommen kann. Gerade in diesem Kontext erscheint es somit sinnvoll, dass spezifische Ziele unter Einbindung aller Beteiligten formuliert werden. Immer mehr Organisationen setzen auf kleine, flexible Teams, die gemeinsam an den verschiedenen Projekten arbeiten und somit auch gemeinsame Ziele verfolgen. Wenn die einzelnen Mitglieder dieser Gruppen eine hohe Zielbindung aufweisen, ist es wahrscheinlich, dass sie ein hohes Leistungsergebnis erzielen. Möglicherweise sind Teams unter diesen Voraussetzungen eher dazu in der Lage, ihr gesamtes Potential abzurufen. In einer Situation, in der das Gesamtergebnis eines Teams beurteilt wird, ist davon auszugehen, dass die einzelnen Mitglieder sich gegenseitig unterstützen und motivieren werden, um das spezifische Ziel schlussendlich zu erreichen. Auf individueller Ebene könnte es allerdings auch sinnvoll sein, sich gegen ein von außen vorgegebenes Ziel auszusprechen. Wenn ein Vorgesetzter beispielsweise unrealistische Zielvorstellungen hat, wird er damit höchstwahrscheinlich auf Widerstand seitens der Mitarbeiter treffen. Wenn alle Beteiligten jedoch die Möglichkeit erhalten, sich in den Zielsetzungsprozess einzubringen, dürfte die Akzeptanz für ein Ziel und auch die Zielbindung stärker ausfallen.
Unser alltägliches Leben findet in einem dynamischen Umfeld statt und Individuen müssen immer wieder Entscheidungen unter Unsicherheit treffen. Sowohl in privaten als auch in beruflichen Situationen wird es immer unerwartete Schwierigkeiten geben, mit denen die Betroffenen fertig werden müssen. Die Tatsache, dass eine hohe Zielbindung dazu führt, dass Individuen beim Auftreten von neuen Herausforderungen nicht vom Ziel ablassen, lässt darauf schließen, dass eine hohe Zielbindung insbesondere dann von Bedeutung ist, wenn die Zielerreichung besonders wichtig ist. Sowohl Individuen als auch Organisationen sollten daher in ein Umfeld investieren, das die Zielbindung begünstigt, wenn sie wissen, dass ein hohes Leistungsergebnis notwendig ist. In einer solchen Situation werden höhere Anstrengungen in Kauf genommen, um das Ziel, dem man sich verpflichtet fühlt, zu erreichen. An dieser Stelle ist jedoch zu erwähnen, dass die Stärke der Zielbindung keinerlei Aussagekraft hinsichtlich der Sinnhaftigkeit eines Ziels hat. Insbesondere auf individueller Ebene ist davon auszugehen, dass immer wieder unnütze Ziele formuliert werden, wohingegen in Organisationen die Wahrscheinlichkeit dafür geringer sein dürfte, da mehr Personen in den Prozess eingebunden sind und man davon ausgehen kann, dass einzelne Mitarbeiter ihre Zweifel an der Sinnhaftigkeit der vorgegebenen Ziele auf die eine oder andere Art zum Ausdruck bringen würden.
Die bloße Existenz von Zielen ist allein wohl kaum ausreichend, dass diese auch tatsächlich erreicht werden. Nur wenn Individuen die Ziele akzeptieren und sich ihnen verbunden fühlen, kann das maximale Leistungsergebnis erzielt werden. Eine hohe Zielbindung führt dazu, dass Individuen Ziele zu einem späteren Zeitpunkt nicht nach unten korrigieren oder gänzlich von ihnen ablassen. Stattdessen werden sie zusätzliche Anstrengungen unternehmen, um mit unerwarteten Schwierigkeiten fertig zu werden und das im Vorfeld festgelegte Leistungsniveau zu erreichen. Diese Beständigkeit ist sowohl für Individuen als auch für Organisationen erstrebenswert. Auch wenn der Zielsetzungsprozess in Gruppen ähnlich ist, sollten die höhere Komplexität und die abweichenden Anforderungen dennoch berücksichtigt werden. Ein starker Zusammenhalt in der Gruppe kann die Zielbindung und somit auch die Leistung positiv beeinflussen. Um dies bestmöglich auszunutzen, sollten die Beteiligten jedoch die Möglichkeit haben, am Zielsetzungsprozess teilzunehmen und eigene Wünsche und/oder Bedenken einzubringen.
¹ Hollenbeck, J. R., & Klein, H. J. (1987). Goal commitment and the goal-setting process: Problems, prospects, and proposals for future research. Journal of applied psychology, 72(2), 212.
https://doi.org/10.1037/0021-9010.72.2.212.
² Locke, E. A., Latham, G. P., & Erez, M. (1988). The determinants of goal commitment. Academy of management review, 13(1), 23-39.
https://doi.org/10.5465/amr.1988.4306771.
³ Klein, H. J., & Mulvey, P. W. (1995). Two investigations of the relationships among group goals, goal commitment, cohesion, and performance. Organizational Behavior and Human Decision Processes, 61(1), 44-53.
https://doi.org/10.1006/obhd.1995.1004.